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Kareem Hunt hat eine Frau zu Boden gerammt und nach ihr getreten.

© USA TODAY Sports

Big Four - die US-Sport-Kolumne: Kareem Hunt und das Problem mit der Glaubwürdigkeit

Die US-amerikanische Football-Liga hat ein Gewaltproblem. Spieler, die Frauen schlagen und würgen, finden trotzdem immer wieder einen neuen Verein.

Es ist schon wieder passiert: Ein Überwachungs-Video zeigt eine Rangelei in einem Hotelflur, mittendrin der Football-Profi Kareem Hunt. Der Running Back des NFL-Klubs Kansas City Chiefs rammt schließlich eine Frau zu Boden und tritt dann noch nach ihr. Hunt reiht sich damit ein in eine lange Liste von Profis aus der Nordamerikanischen Footballiga (NFL), die mit Gewaltexzessen, speziell Gewalt gegen Frauen, Negativ-Schlagzeilen machten. Das Video hat die Klatsch-Seite TMZ Ende vergangener Woche veröffentlicht.

“Es tut mir sehr leid. Was ich getan habe, ist unentschuldbar”, gab Hunt kleinlaut von sich, als er sich kurz nach Erscheinen des Videos der Öffentlichkeit stellte. Auch die Kansas City Chiefs reagierten sofort und entließen Hunt, immerhin einer ihrer wichtigsten Spieler und ein Hauptgrund dafür, dass der Verein aus dem Midwesten momentan heißer Anwärter auf den Super Bowl ist.

Auf den ersten Blick könnte man zufrieden sein: Der Klub zieht die nötigen Konsequenzen und auch der Spieler zeigt Reue. Das Problem ist nur, dass der Vorfall sich bereits im Februar ereignete, Verein und Liga waren informiert. Hätte nicht jetzt dieses Video den Weg an die Öffentlichkeit gefunden, wäre Hunt nach wie vor in Diensten der Chiefs und auch seine öffentliche Entschuldigung hätte es nie gegeben. Die Chiefs begründeten die Entlassung Hunts übrigens nicht mit dem Vorfall an sich, sondern damit, dass Hunt ihnen gegenüber gelogen habe, als er im Februar befragt wurde.

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Die NFL hat nicht nur nach wie vor ein Gewalt-Problem, auch der Umgang mit den immer neuen Fällen ist oft inkonsequent, widersprüchlich oder sogar zynisch. Bevor man zum Beispiel das schnelle Handeln der Chiefs im Fall Hunt lobt, muss man nur einmal in deren Kader schauen, um misstrauisch zu werden. Da spielt nämlich Tyreek Hill, ebenfalls ein wichtiger Teil der furiosen Chiefs-Offensive. Als Hill noch auf dem College war, hat er seine damalige, schwangere Freundin gewürgt und geschlagen. Die Geschichte war schon bekannt, bevor Hill in die NFL kam, viele Teams ließen deshalb beim Draft, der jährlichen Talent-Wahl der Profi-Klubs, die Finger von ihm.  Obwohl er rein vom Können her ein sicherer Kandidat für die erste oder zweite Runde gewesen wäre, rutschte Hill bis in die fünfte Runde ab – wo ihn sich dann die Kansas City Chiefs schnappten und so, rein sportlich betrachtet, ein echtes Schnäppchen schlugen. Hill liefert Touchdowns und spektakuläre Aktionen am Fließband, von seiner dunklen Vergangenheit spricht niemand mehr.

Kareem Hunt wird bestimmt bald einen neuen Verein finden

Viele weitere gewalttätige NFL-Profis wurden mitunter kurz gesperrt, kamen aber trotzdem wieder bei Teams unter. Gerade vor zwei Wochen wurde Linebacker Reuben Foster zum dritten Mal in diesem Jahr wegen des Verdachts auf häusliche Gewalt verhaftet. Sein Klub, die San Francisco 49ers, entließ ihn – und Foster unterschrieb nur drei Tage später bei den Washington Redskins.

Einer der wenigen NFL-Spieler, denen ein solches Vergehen tatsächlich die Karriere kostete, ist Ray Rice, ehemaliger Running Back der Baltimore Ravens. Auch hier wurde die NFL erst konsequent, als ein Video im Internet auftauchte und einen öffentlichen Aufschrei verursachte. Rice hatte 2014 seine damalige Verlobte in einem Hotel-Fahrstuhl bewusstlos geschlagen. Der Fall war bekannt, die NFL verhängte eine Sperre von zwei Spielen und die Sache war vom Tisch – bis das verstörende Video viral ging. Rice wurde schließlich doch komplett entlassen und hat seitdem nie wieder in der NFL gespielt.

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Wenn man die einzelnen Fälle miteinander vergleicht, wird schnell klar, dass Liga und Klubs nur dann wirklich konsequent vorgehen, wenn sie müssen. Sprich: Wenn der Druck zu groß wird, weil zum Beispiel ein neues Video die Öffentlichkeit schockiert. Auch zeigt sich, wie knallhart kalkuliert wird. Das Problem von Ray Rice war nämlich nicht nur das brutale Video, sondern dass er als Spieler schon etwas über seinen Zenit hinaus war. Bei jungen, hochtalentierten Profis wie Tyreek Hill oder Reuben Foster dagegen kann ein gewisser Image-Schaden ruhig mal in Kauf genommen werden, der sportliche Wert wiegt das auf. Auch Kareem Hunt, 23 Jahre jung, wird bestimmt schon bald einen neuen Verein finden und damit die Entlassung durch die Chiefs lächerlich machen.

Seit dem Fall Rice sollten eigentlich standardmäßig Sperren von sechs Spielen bei derartigen Vergehen verhängt werden, doch auch hier ist die Liga nicht konsequent. Buccaneers-Quarterback Jameis Winston zum Beispiel wurde nur für drei Spiele gesperrt, weil er eine Taxi-Fahrerin begrapscht haben soll. Da kann Winston nur hoffen, dass nicht doch noch irgendwann ein Video auftaucht. 

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