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Überraschend klar gewann der Kroate Marin Cilic in drei Sätzen gegen Roger Federer.

© dpa

US Open: Kei Nishikori und Marin Cilic: Helden aus der zweiten Reihe

Kei Nishikori und Marin Cilic stehen im Endspiel der US Open, dem ersten Grand-Slam-Finale seit 2005 ohne einen der vier Großen im Welttennis.

Roger Federer hatte noch einmal den Arm gehoben, um sich von den 24.000 Zuschauern im Arthur-Ashe-Stadium zu verabschieden, die ihrem Schweizer Liebling stehend zujubelten. Federer hatte noch nicht die Umkleide in den Katakomben erreicht, da häuften sich bei Ebay bereits die Angebote für die eigentlich so begehrten Tickets für das Finale der Männer am Montag. Hunderte wollten ihre Eintrittskarten für das Männerfinale der US Open wieder loswerden, selbst wenn sie draufzahlen müssten.

Nach dem unerwarteten Verlauf des Halbfinaltages – an dem die großen Favoriten Federer und Novak Djokovic ausschieden – war vielen Fans die Lust auf das Endspiel vergangen. „Wir müssen uns wohl an neue Gesichter gewöhnen“, sagte Altmeister und TV-Kommentator John McEnroe. Doch auch er ahnte, dass das Finale zwischen Kei Nishikori und Marin Cilic die US Open nicht aus dem Quotentief hieven würde. Mehr noch, für den übertragenden Sender „CBS“ ist diese Konstellation eine mittelschwere Katastrophe. Der Konkurrenzsender „ESPN“ zeigt am Abend parallel zum Tennis den Auftakt der Football-Saison, und ohne einen Landsmann im Finale hätte man die amerikanischen Zuschauer nur mit Federer oder Rafael Nadal zum Umschalten bewegen können.

US Open: Toni Kroos will sich das Finale nicht mehr anschauen

Selbst hierzulande machte sich Resignation breit. So twitterte Fußball-Nationalspieler Toni Kroos: „Muss man akzeptieren. Glückwunsch an @keinishikori und @cilic_marin! Respekt! Finale schau ich trotzdem nicht.“ Seit den Australian Open 2005 hat es kein Endspiel bei den vier Grand Slams mehr gegeben, in dem nicht Federer, Nadal oder Djokovic beteiligt gewesen wäre. Diese Serie von 38 Finals in beinahe zehn Jahren haben Nishikori und Cilic nun gebrochen. In Paris und Wimbledon hatten mit Ernests Gulbis, Milos Raonic und Grigor Dimitrov schon drei der neuen Generation mit ihrem Halbfinaleinzug erste Ansprüche angemeldet. Doch auch wenn es sich in dieser Saison bereits angedeutet hatte, dass es „die Großen Vier" (mit Andy Murray) schwerer haben würden, die Major-Trophäen unter sich auszumachen, so scheint die Mehrheit der Fans offenbar noch nicht bereit für die Wachablösung zu sein.

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Dabei hatten sich Nishikori und Cilic ihren Platz im Endspiel von Flushing Meadows redlich verdient – sie spielten ihre großen Kontrahenten geradezu aus. „Kei war der bessere Spieler heute“, erklärte Djokovic nach seiner 4:6, 6:1, 6:7 und 3:6-Niederlage gegen Nishikori, „er war schnell, aggressiv und hat attackiert. Und ich war heute nicht ich selbst.“ Der Weltranglistenerste kämpfte mit der schwülen Hitze und seinem Aufschlag, im vierten Satz wirkte der Serbe platt. Dabei war es Nishikori, dem zwei vierstündige Matches in den Beinen steckten. Doch der 24-Jährige hielt durch, obwohl er kurz vor dem Turnier noch an einer Zehenverletzung laboriert hatte. Das war bisher die Krux an Nishikori: großes Talent, aber ständig verletzt. „Ich habe sehr hart an meinen Defiziten gearbeitet“, erklärte er und fügte hinzu: „Ich werde stärker - und heute war ich wohl zu stark.“ Dank seines Trainers Michael Chang hatte er es bereits als erster Japaner unter die Top Ten geschafft, nun schrieb er mit dem Finaleinzug erneut Geschichte.

Marin Cilic zum US-Open-Halbfinale: "Vom ersten bis zum letzten Punkt spielte ich das beste Tennis meines Lebens"

Auch für Cilic war es ein großer Moment. „Vom ersten bis zum letzten Punkt spielte ich das beste Tennis meines Lebens“, freute er sich nach dem 6:3, 6:4 und 6:4-Triumph über Federer. Der Weltranglistendritte musste anerkennen: „Marin hat großartig gespielt und unglaublich aufgeschlagen. Er hat es sich verdient.“" Dass der 25 Jahre alte Kroate, der von Goran Ivanisevic in Höchstform gebracht wurde, vor einem Jahr noch eine viermonatige Dopingsperre absaß, störte Federer nicht. Cilic war positiv auf ein Psychostimulans getestet worden, erklärte aber, das Mittel unwissentlich in einer Glukosetablette eingenommen zu haben. „Ich bin mir sicher, dass er nichts mit Absicht gemacht hat“, sagte Federer, „vielleicht war er etwas dumm, ja. Aber ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass er so etwas nicht machen würde.“

Mit Wut im Bauch trainierte Cilic für sein Comeback umso härter, erarbeitete sich mit Ivanisevic die Konstanz, die ihm sogar fehlte, als er noch die Nummer neun der Welt war. Mit drei Assen und einem Rückhandwinner warf Cilic Federer sensationell aus dem Turnier. Seit Ivanisevic 2001 in Wimbledon gewann, stand kein Kroate mehr in einem Major-Finale. „Es wird ein großer Tag für Kei und mich“, meinte Cilic, „der Sieg von Wawrinka in Melbourne hat uns aus der zweiten Reihe eine Tür geöffnet. Die nächsten Slams dürften sehr interessant werden.“ Bleibt nur abzuwarten, ob die Fans das auch so sehen werden.

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