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Sport: Kein Verlierer zum Ausstauben der Matte

BERLIN .Ein Verlierer sieht so nicht aus.

BERLIN .Ein Verlierer sieht so nicht aus.Auch keiner, der den Zenit seiner sportlichen Laufbahn längst überschritten haben könnte.Frank Möller hinterläßt viel eher den Eindruck eines Judokas, der voll im "Saft" steht.Das Handtuch um den Hals gewickelt und völlig durchgeschwitzt kommt er daher, Selbstbewußsein ausstrahlend und anscheinend ohne Skepsis, daß mit ihm irgendein Gegner auf der Welt die Tatami "ausstauben" könnte."Daran denke ich nun wirklich nicht.1998 war ich doch auch erfolgreich.Oder zählt ein fünfter EM-Platz nichts mehr?", zeigt sich der 28jährige verwundert darüber, daß überhaupt Zweifel an seinem Können aufgekommen sein könnten."Die Qualifikation für die Europameisterschaft im Mai in Bratislava habe ich schon geschafft.Im Oktober bei der Weltmeisterschaft wäre mit einem Platz unter den sieben Besten sogar das Olympiaticket drin.Warum soll ich nicht der deutsche Judo-Schwergewichtler in Sydney sein?"

Frank Möller, der seit seinem Erfolg beim legendären Kano-Cup in Japan bekannter ist als in seiner Heimat, gilt eigentlich nicht als ein Sprücheklopfer.Nur, große Erfolge, wie sie allgemein vom Vize-Weltmeister von 1993 und siebenmaligen EM-Medaillengewinner erwartet wurden, konnte er zuletzt nicht mehr aufweisen."Dafür gibt es viele Gründe", erklärt der Bundeswehrangehörige."Eine schwere Knieverletzung mit anschließender Meniskus-Operation und dazu das Hickhack mit meinem alten Verein, dem SC Berlin, das war alles nicht sehr leistungsfördernd." Die Knie-Probleme hat er mittlerweile überwunden und auch das Thema SCB ist abgehakt."Bis auf Detlef Ultsch rede ich dort mit niemandem mehr", sagt Möller und spricht in diesem Zusamenhang von alten Betonköpfen.Ausstehende Gelder waren der entscheidende Streitpunkt.Letztlich gab es einen Konsenz, ohne damit den Bruch kitten zu können."Mir tun nur die jungen Burschen leid, denen meine Anwesenheit sicher einiges gebracht hätte, und die nunmehr in der Bundesliga eine deftige Niederlage nach der anderen einstecken müssen." Mit Möller hatte der Kapitän das sinkende Schiff verlassen.Von Möller oftmals zitierte Einschätzungen zum Thema Treue zum SC Berlin ("Ich habe dieses Solidaritätsgefühl, das nur ein Ostler besitzt") zählten plötzlich nicht mehr.

Zum Marzahner SV gehört er nunmehr zwar offiziell, aber eigentlich hat sich damit nicht viel geändert.Mit Bundestrainer Diemar Hötger trainiert er nach wie vor, oder Rudolf Hendel, dem verantwortlichen Trainer bei der Bundeswehr, der zugleich bei Möllers Bundesliga-Verein JC Frankfurt (Oder) den Hut aufhat."Wenn ich nur härtere Konkurrenz im eigenen Lande hätte, wie noch zu Zeiten der Stöhr, Müller, Brümmer, von der Gröben oder Plate ..." Mit Trainingslagern rund um die Welt versucht der Deutsche Judo-Bund ihm und damit sich zu helfen.Der Betreiber eines Fitness-Studios glaubt genau zu wissen, warum es für ihn besonders nach dem "Seuchenjahr 1997" nicht schneller in Richtung Weltspitze ging: "Kondition fehlt mir, und dann kennt mich mittlerweile jeder Gegner ganz genau." Zuletzt in Japan, Paris, München und Prag, wo er jeweils am Anfang gut kämpfte, dann in den entscheidenden Vergleichen "mausetot" war, zeigte es sich erneut.Doch Möller schindet sich Tag für Tag, daß er nicht mehr, wie zuletzt geschehen, nach klarer Führung auf dem "Ast" landet.

"Sydney 2000", sinniert er, "bietet gleich mehrere Anreize für mich.Wenn alles gut geht, dann würde ich am 4.September nach Australien reisen - und vier Tage später den 30.Geburtstag feiern.Zugleich ist für mich klar, daß ich danach in der Nationalmannschaft aufhören werden." Wenn das kein Grund dafür ist, sich noch einmal besonders ins Zeug zu legen ...Nach dieser Aussage würde der Hüne Möller am liebsten wieder an die Hanteln treten, damit auch keine Minute der Trainingszeit ungenutzt verstreicht.Nur eine Frage kann ihn davon noch ein paar Momente abhalten: die nach dem zweijährigen Sohn Maik."Er soll mich nicht verlieren sehen.Von Monat zu Monat begreift besser, was ich so mache.Es wird Zeit, mal wieder ein großes Ding gucken zu lassen.Die EM wäre dafür gerade recht." Keine Frage: Einer, der sich mit seinem Zustand abfindet, würde anders denken.

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