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Wichtiger als der Laufanzug: Bei einer Triathlon-Teilnahme sollte ausreichend Vaseline nicht fehlen.

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Kolumne: Ich - Ironman (18): Voll FETT

Unser Autor will Anfang Juli am deutschen Ironman in Frankfurt teilnehmen. Reibung hat dabei schon so manchen Athleten auf der Strecke zur Verzweiflung gebracht. Triathlon-Profi Markus Thomschke hilft bei der Prophylaxe.

Wenn das Blut aus dem Schritt rinnt, ist der schlimmste Fall eingetreten. „Ich habe das selbst am Anfang meiner Karriere erlebt und später bei Kollegen beobachtet“, berichtet Langdistanz-Profi Markus Thomschke. „Zwischen den Beinen darf man mit Vaseline wirklich nicht knickerig sein.“ Da solle ich vor dem Wettkampf großzügig eine ganze Fettschicht auftragen. Und das ist erst der Anfang. In den vielen Rennstunden einer Triathlon-Langdistanz kann einen schon die geringste Reibung im wörtlichen Sinne bescheuert machen. Gefahrenpunkte gibt es viele angesichts der hunderttausendfach wiederholten, verschiedenen Bewegungen und der wechselnden Kleidung bei drei Disziplinen. Da nur eine kleine Unachtsamkeit den Wettkampf zur Hölle macht und viel Zeit kosten kann, habe ich Markus Thomschke um Rat gebeten – einen der wenigen Deutschen, die ihr Geld als Profi auf der Langdistanz verdienen.

Mehr als eine Viertelstunde brauche er dafür, um seinen Körper vor einem Ironman allein äußerlich auf die Beanspruchung des Wettkampfes vorzubereiten, erzählt mir der 30-Jährige aus Oberlichtenau bei Dresden. Für das Schwimmen sei es sehr wichtig, den Hals rundherum mit Vaseline oder Melkfett einzuschmieren. „Egal wie gut der Neoprenanzug sitzt, durch die Drehung des Kopfes zum Atmen würdest du dir sehr schnell den Hals wundreiben.“ Die Hersteller der zum Teil sündhaft teuren und extra für die Langstrecke konzipierten Neoprenanzüge würden da sicher Einspruch erheben. Aber wenn der Profi es schon sagt. Für die 3,8 Kilometer Schwimmen rate er mir auch, die Achselhaare zu rasieren und die Achseln ebenfalls mit Vaseline einzureiben, um beim Armzug jede Reibung zwischen Neopren und Haut zu vermeiden. „Da sieht die Jubelpose auf dem Zielfoto auch ästhetischer aus“, sagt Thomschke und lacht.

Wichtig sei, sich nach dem ganzen Schmierentheater die Hände zu waschen. „Wenn du das Fett an den Fingern behältst, verlierst du das Gefühl für das Wasser, du denkst, du kommst gar nicht mehr voran.“ Das täusche zwar, sei aber psychologisch sehr schlecht.

Den Hals immer fett eingeschmiert: Triathlon-Profi Markus Thomschke hat viele Tipps gegen Reibungsverluste.
Den Hals immer fett eingeschmiert: Triathlon-Profi Markus Thomschke hat viele Tipps gegen Reibungsverluste.

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Wenn die Athleten in Frankfurt aus dem Wasser kommen, müssen sie einen sandigen Hang hinauf laufen zur ersten Wechselzone. Zwangsläufig werden die nassen Füße dabei paniert. Und schon ein paar Sandkörner reichen aus, um zwischen zwei Zehen oder zwischen Fuß und Schuh großes Unheil anzurichten. „Als Amateur, der nicht um den Sieg kämpft, sollte man sich immer die Zeit nehmen, seine Füße sauber zu machen und zu trocknen“, empfiehlt Thomschke. Das koste zunächst ein paar Sekunden, könne später aber viel Schmerz und Zeit sparen. Auf einer Mitteldistanz habe er mal den Fehler gemacht, barfuß in die Laufschuhe zu steigen, um Zeit zu sparen. Schon nach der Hälfte des Halbmarathons seien die Blasen unerträglich und das schnelle Laufen kaum noch möglich gewesen. „Das hat sich angefühlt, als liege der Knochen frei“, erinnert sich Thomschke. Seitdem trage er im Rad- und Laufschuh immer Socken. Stellen, an denen der Schuh Nähte habe, reibe er sogar von innen leicht mit Fett ein. „Aber das ist mein ganz persönlicher Spleen“, sagt Thomschke.

Als ich dem Profi von meinen aufreibenden Erfahrungen mit meinem Pulsgurt oder beim Zusammenspiel von Laufhose und Unterhose erzähle, empfiehlt mir Thomschke: „Unter die Triathlonhose oder den Einteiler darfst du nichts anziehen.“ Er schwöre auf seinen Einteiler, der so perfekt sitze, dass er sich nicht einmal die Brustwarzen mit Tape abkleben müsse. Auch da genüge etwas Vaseline. Meine Wettkampfkleidung solle ich in jedem Fall im Training ausgiebig ausführen, um Schwachstellen vorher zu erkennen. Im Wechselbeutel, den man nach dem Radfahren bekommt, solle für alle Fälle noch eine Dose mit Vaseline stecken.

Wenn wie in Frankfurt Anfang Juli die Sonne scheinen könnte, muss ich auch an Sonnenschutz denken. Markus Thomschke, der selbst schon in Frankfurt am Start war, berichtet mir von Helfern, die die Athleten am Anfang der Laufstrecke noch schnell eincremen. „Aber davon halte ich wenig“, ist Thomschkes Urteil. Die Creme verstopfe die Hautporen und erschwere das Schwitzen und Abkühlen beim Marathon. Damit der Sonnenschutz einziehen kann, solle ich mich schon vor dem Schwimmen leicht eincremen.

Mein Ironman wird mehr als nur ein Kampf gegen mich selbst und die Strecke. Es steigt eine wahre Fettschlacht.

Arne Bensiek ist Autor des Tagesspiegel. Jeden Donnerstag erscheint seine Kolumne „Ich – Ironman“ auf www.tagesspiegel.de/ironman.

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