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Allrounder. Kyle Weaver kann vieles sehr gut, aber nichts überragend.

© Kitty Kleist-Heinrich

Balldieb mit Krakenarmen: Kyle Weaver steht bei Alba in der Kritik

Kyle Weaver kam als vermeintlicher "NBA-Star" nach Berlin. Doch bei Alba tut sich der Allrounder bislang schwer - auch weil zur Umstellung auf den europäischen Basketball private Probleme hinzukamen.

Berlin - Es war so eine typische Kyle-Weaver-Situation. Sie trug sich wie folgt zu: Aus dem Nichts tauchte einer seiner langen Krakenarme bei einem Ludwigsburger Wurf auf und blockte den Basketball wuchtig gegen das Brett. Weaver selbst sicherte den Abpraller für Alba Berlin, sprintete zum schnellen Gegenangriff nach vorne – nur um den Ball zu verlieren und zuzusehen, wie die Gäste punkteten. Das strahlende Grinsen über Weavers Zipfelbärtchen wurde zur verzerrten Grimasse.

Die Szene beim letzten Heimspiel gegen Ludwigsburg ist sinnbildlich für Weavers Wirken in Berlin: Der US-Amerikaner macht viele kleine Dinge richtig, hängen bleibt aber meist, was er falsch macht. Vor allem in der Minikrise, als Alba zuletzt dreimal in Folge verlor. Und auch am Donnerstag, als das Team wieder erfolgreich war, aber Weaver jeweils nur einen von vier Zweipunkte-, Dreipunkte- und Freiwürfen traf. Erstmals in seiner Zeit in Berlin stand er nicht in der Startformation. „Wir haben zuvor schlecht gespielt und verteidigt“, sagte Trainer Gordon Herbert nur. „Wir mussten etwas ändern.“

Dasselbe Schicksal könnte Weaver heute gegen Göttingen (17 Uhr, Arena am Ostbahnhof) drohen. Der Neuzugang vom Sommer akzeptiert das, seine weißen Zähne zusammenpressend. „Der Coach entscheidet“, sagt er. „Aber es fällt mir schwer, von außen zuzusehen.“ Die zuletzt an ihm geübte Kritik kann Weaver schwer nachvollziehen. „Als Spieler erwarte ich natürlich mehr von mir und muss besser werden“, sagt der 1,98-Meter-Mann. Aber dass Fans und Medien fordern, er und DaShaun Wood müssten als die wohl begabtesten Spieler des Teams mehr Verantwortung übernehmen, sieht er nicht so. „Es hilft niemandem, wenn wir 40-mal pro Spiel werfen, 20 Punkte erzielen und unsere Mitspieler nicht ins Spiel bringen.“

Oft wird es ihm zur Last, dass er als ehemaliger „NBA-Star“ tituliert wird. Dabei war er zuletzt in Oklahoma und Utah ein Rollenspieler, spielte zwölf beziehungsweise 14 Minuten im Schnitt. Er war und ist ein eher untypischer Spieler aus der spektakulärsten Basketball-Liga der Welt. Der Flügelspieler ist ein Allrounder, er kann vieles sehr gut, aber nichts überragend. Er ist Albas zweitbester Rebounder, drittbester Vorlagengeber, zweitbester Balldieb und Wurfblocker und erzielt nebenbei zehn Punkte pro Spiel. Auf dem Feld tut er zudem die vielen Dinge, die nicht statistisch erfasst werden: mit seiner Übersicht den vorletzten Pass vor einem Korberfolg spielen oder mit seinen langen Armen die Abwehr absichern.

Dennoch wirkt er bisweilen etwas apathisch auf dem Spielfeld. Auf den Vorwurf, er sei in kritischen Phasen nicht zu sehen, „weiß ich überhaupt nicht, wie ich antworten soll“, sagt Weaver empört.

Dabei machen ihm vor allem zwei Dinge zu schaffen: Zum einen die Umstellung auf den europäischen Basketball. Weaver hat zwar vor Berlin zwei Monate in Belgien gespielt, aber „der Stil ist schon anders, vor allem wie schnell die Schiedsrichter Fouls pfeifen. Das nimmt mir manchmal meine Aggressivität.“

Dazu kommt das Private. Im Dezember starb seine Großmutter, er flog zurück in die USA. „Das ist etwas, das ich mit mir herumtrage“, sagt er. Aber es beeinflusse seine Leistung nicht. „Ich bin froh, dass ich mich mit Basketball ablenken kann.“ Und die Umstellung auf Deutschland ist wie für viele Amerikaner schwer. Er verbringe viel Zeit allein zu Hause, um sich von den Spielen auszuruhen, sagt Weaver, außerhalb des Teams kenne er ja kaum jemanden. Doch neulich ist er vor die Tür gegangen, hat sich in sein Auto gesetzt und ist staunend durch Berlin gefahren. „So viel Silversterfeuerwerk haben wir in den USA nicht“, sagt er und die großen Augen und Zähne funkeln wieder. Dabei ist Weaver eigentlich keiner für die spektakulären Knalleffekte.

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