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Sport: Lehrling unter Champions

In der Volleyball-Bundesliga dominiert der SC Charlottenburg, aber für den Europapokal ist die Mannschaft zu schwach

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Robert Kromm stand da, als wäre nichts passiert. Sicher, etwas erschöpft wirkte der 19-jährige Außenangreifer schon, mit dem Arm wischte er sich ein paar Schweißtropfen von der Stirn. Aber seine Gefühlswelt schien keinen Schaden genommen zu haben. 1:3 hatten die Volleyballer des SC Charlottenburg gerade in der Champions League daheim gegen Olympiakos Piräus verloren, aber dabei nicht ihren Sinn für die Realität. Der SCC ist mit dieser zweiten Niederlage im dritten Spiel zwar nach der Hälfte der Gruppenspiele schon so gut wie draußen aus dem europäischen Wettbewerb, aber man habe immerhin einen „riesigen Trainingseffekt erzielt“, sagte Kromm, „weil man ja nicht jeden Tag unter solchem Druck und vor so einer Kulisse spielt“. Das klang bescheiden, fast unterwürfig.

Der SCC geht die Champions League noch mit einer gewissen Ehrfurcht an. Mitzuhalten mit den Gegnern, sie auch mal in die Knie zu zwingen, das gelingt nur sporadisch. „Die Champions League ist so verdammt schwer, da ist das Weiterkommen für uns kein realistisches Ziel“, stellt Nationalspieler Marco Liefke fast emotionslos fest. Die Charlottenburger dominieren zwar in der Bundesliga, mit dem 3:0 (25:21, 25:22, 25:21) gestern beim VV Leipzig feierten sie im zehnten Saisonspiel bereits den zehnten Sieg, aber die internationalen Auftritte bilden dazu das Kontrastprogramm: Da bestimmt die Konkurrenz aus Italien und Griechenland, wo’s langgeht. „Wir haben die mit Abstand schwerste Gruppe erwischt“, behauptet SCC-Manager Kaweh Niroomand.

Rund 80 000 Euro kostet den Verein die Teilnahme an der Champions League. Geld, das sich rentieren soll. Nicht sofort, aber irgendwann einmal: sportlich und wirtschaftlich. „Die Champions League bietet langfristig die Möglichkeit, dem SCC eine größere Aufmerksamkeit zu verschaffen“, hat Liefke erkannt. Über 4000 Zuschauer insgesamt kamen zu den beiden Heimspielen gegen AZS Czestochowa (Polen) und Olympiakos Piräus. Eine beachtliche Resonanz. Umso ernüchternder fiel für den SCC die Rückkehr ins alltägliche Volleyball-Geschäft aus: Drei Tage nach der mit 3:2 gewonnenen Partie gegen Czestochowa stand im deutschen Pokal das Viertelfinale gegen den VC Markranstädt an. Nur 200 Zuschauer waren dabei. Der Gegner, obwohl auch Bundesligist, war völlig überfordert, unterlag 0:3. „Es ist sicher ein Nachteil, eine schwächere Erste Liga zu haben. Dadurch hat man im Verlauf einer Saison nicht so viel Druck“, sagt Kromm.

Der SCC verfügt über junge Spieler, die ihre Entwicklung noch nicht abgeschlossen haben. Robert Kromm ist so einer. Manuel Rieke, Sebastian Prüsener, Felix Fischer, Christoph Eichbaum – das ist die Generation der „Wir um die 20“, mit denen der SCC auch im internationalen Vergleich auf eine bessere Zukunft hofft. Das Dilemma liegt nur darin, dass diese Spieler in der Bundesliga zu selten wirklich gefordert werden und im Europapokal dann nicht einfach wie auf Knopfdruck eine bessere Leistung abrufen können.

Deshalb wünscht sich Trainer Mirko Culic mehr internationale Spiele. Nur: Mit seinem Saisonetat von rund 550 000 Euro stößt der Verein an unüberschreitbare Grenzen, kostspielige Reisen zu großen Turnieren sind da nicht mehr drin. Und so flüchtet selbst ein erfahrener Volleyball-Recke wie Marco Liefke zu Bewährtem. „Für mich ist die Endrunde im deutschen Pokal in Dessau wichtig“, sagt er. Da trifft der SCC am 31. Januar im Halbfinale wieder auf den VV Leipzig. Ein Sieg wäre der Türöffner zum Europapokal.

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