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Sport: Michalczewski und der vierte Mann

Der Boxer verliert vorerst den Kampf um mehr Popularität und muß sich erneut mit Girard begnügen VON MICHAEL ROSENTRITT Hannover.Bedenken habe er nur damit gehabt, was wohl die Presse sagt, erzählt Klaus-Peter Kohl.

Der Boxer verliert vorerst den Kampf um mehr Popularität und muß sich erneut mit Girard begnügen VON MICHAEL ROSENTRITT

Hannover.Bedenken habe er nur damit gehabt, was wohl die Presse sagt, erzählt Klaus-Peter Kohl.Mit "er" meint der Boxmanager seinen Schützling Dariusz Michalczewski.Es scheint, als sei es um das Selbstbewußtsein des Boxweltmeisters nicht sonderlich bestellt.Oder ist er villeicht doch nur Opfer unsäglicher Zu- und Unfälle? Jedenfalls, so der Weltmeister höchstselbst, "habe ich schon ein wenig Angst vor dem Verriß", da er am Freitag in Hannover einen Herausforderer vor die Fäuste bekommt, den er bereits schon einmal geboxt hat.Christophe Girard heißt der Mann, ist Franzose, und war im Juni des Jahres nach zwölf Runden gegen den Weltmeister dem Sieg näher als der ausgerufenen 0:3-Niederlage."Ich habe zwar knapp Dariusz vorn gehabt, aber Girard hatte sich eine Revanche verdient", sagt Kohl. Eine Revanche, die der Weltmeister noch nötiger hätte, nämlich die gegen Graciano Rocchigiani, gegen den er den Sieg nur durch Disqualifikation am "Grünen Tisch" zugesprochen bekam, scheitert an der Haltung des Berliners.Und wohl auch an der Lustlosigkeit Michalczewskis.Nun, zu der jetzigen Revanche ist es praktisch auch nur durch Zufall gekommen.Vorgesehen war für den WBO-Weltmeister im Halbschwergewicht der US-Amerikaner Duran Williams, der es bereits einmal mit Henry Maske zu tun hatte, dabei allerdings chancenlos war.Williams war als ein Mann ausgesucht worden, der dem "Tiger" das Siegen nicht unmöglich machen kann, gleichzeitig aber stark genug ist, dem angekratzten Image des gebürtigen Polen wieder etwas Lack zu verpassen.Williams freute sich auch, sitzt aber für im Gefängnis, weil er zuletzt nicht auf Gegner im Ring, sondern daheim auf seine Ehefrau einprügelte. Als dessen Ersatz wurde immerhin kein geringerer als der Europameister Eddy Smulders (Holland) verpflichtet.Der aber brach sich im Sparring die Hand.Als Ersatz für den Ersatz konnte Kohl den Engländer Mark Prince gewinnen, der, nunmehr von einer Gastritis geplagt, sein Kommen via Manager Frank Warren abgesagt hat.Prince hat es bisher auf 14 Kämpfe gebracht, die er allesamt gewinnen konnte."Vermutlich ist ihm sehr spät bewußt geworden, mit wem er es in Hannover zu tun gehabt hätte", sagt Kohl, dem bis heute noch kein Attest vorliege."Ich werde das Gefühl nicht los, daß Prince kneift." Exakt fünf Tage vor dem WM-Kampf überraschte der Hamburger Manager seinen Champion und auch die Presse mit dem vierten Herausforderer, eben jenem Christophe Girard.Die Posse hat ihren vorläufigen Höhepunkt. Der einzige Vorteil an dieser Konstellation dürfte sein, daß Michaelczewski nun die Möglichkeit erhält, sich zumindest auf das Level jener Akzeptanz zu boxen, das er vor dem Kampf gegen Graciano Rocchigiani innehatte.Ob nun dessen bewußt, oder nicht - Michalczewski präsentiert sich, was den sportlichen Teil anbelangt, äußerlich aufgeräumt."Ich habe in der Vergangenheit viele Fehler gemacht.Jetzt bin ich fit.Gegen Girard kann ich beweisen, daß ich wieder zurück bin", sagt Michalczewski, der sich jetzt mehr auf seinen Beruf konzentrieren wolle. Das war freilich nicht immer so.Als Stammgast in Talkshows hatte er vorrangig damit zu tun, seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen, der weit unter dem der Kollegen Maske, Schulz und Rocchigiani liegt.Selbst eine Audienz beim Papst zur WM-Vorbereitung.Vieles ging in dieser Phase schief, und am Ende auch sein Trainer Chuck Talhami.Sein neuer, alter Trainer ist Fritz Sdunek, unter dem Michalczewski bereits als Amateur Europameister wurde.Sdunek bringt die Verfassung des Tigers auf den Punkt: "Er ist wieder bei seiner Familie und zappelt nicht mehr nervös im Ring umher." Warum sollte man da Bedenken haben?

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