Sport: Mit hohem Einsatz verloren
Im Wettskandal muss Ante Sapina 1,8 Millionen Euro Schadenersatz zahlen
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Berlin - Ante Sapina öffnet das Fenster, er schaut hinunter auf den Hof, redet kurz mit seinem Bruder Milan, und mit einem Ohr hört er zu, wie die Anwälte miteinander streiten. Worüber sie reden, das interessiert ihn längst nicht mehr. „Macht einfach, ich will damit nichts mehr zu tun haben“, ruft er seinem Anwalt Stefan Conen zu. Es ist 13 Uhr 29, und vor der Zivilkammer 9 des Berliner Landgerichts nimmt der letze Akt im Prozess um manipulierte Fußballspiele seinen Lauf. Es ist kein schönes Ende für Ante Sapina. Nach der strafrechtlichen Verurteilung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und elf Monaten muss der Drahtzieher der Wettbetrügereien auch noch Schadenersatz zahlen. Sapina stimmt einem Vergleich zu, der ihn zur Zahlung von 1,8 Millionen Euro an die Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB) zwingt. Damit ist die juristische Aufarbeitung des Wettskandals abgeschlossen.
Oder doch noch nicht? Sapina hat theoretisch die Möglichkeit, einen Teil der Vergleichssumme beim früheren Schiedsrichter Robert Hoyzer einzufordern. Hoyzer hatte in Sapinas Auftrag Spiele verpfiffen. Während der strafrechtlichen Verhandlung im Oktober 2005 hatte sich Sapinas Verteidigung über das juristische Mittel der Streitverkündung eventuelle Ansprüche vorbehalten. „Darüber werde ich nachdenken. Erst einmal bin ich froh, dass die Sache ad acta gelegt ist“, sagt der Wettpate – wohl wissend, dass bei dem mittellosen Hoyzer nicht viel zu holen sein wird.
Sapina geht es wirtschaftlich besser. Im Lauf der Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft knapp zwei Millionen Euro auf seinen Konten sichergestellt. Ein Sportwagen, den Sapina freiwillig der Justiz überstellt hatte, wird auf 170 000 Euro taxiert. Aus diesen Werten speiste die DKLB ihre Forderung. Zwei Termine vor der Zivilkammer 9 sind schon vergeblich angesetzt worden. Am Dienstag soll endlich verhandelt werden.
Die Vorsitzende Richterin Claudia Weihe-Gröning hat sich gerade zur Begrüßung erhoben, da bietet Sapinas Verteidigung überraschend einen Vergleich an. DKLB-Anwalt Markus Ruttig sagt, das hätte der gegnerischen Partei ja ruhig ein wenig früher einfallen können, aber er ist einverstanden, und die Verhandlung wird nach elf Minuten unterbrochen. Den Rest klären die Advokaten auf den Fluren und in den Treppenhäusern des verwinkelten Gebäudes am Tegeler Weg ab. Um jede Formulierung wird gerungen. Nach drei Stunden ist ein Papier mit zehn Punkten aufgesetzt, und es geht zurück in den Verhandlungssaal. Die Richterin ist ein wenig vergrätzt, sie hat schon zwei Verhandlungen hinter sich und nicht damit gerechnet, dass diese Wettgeschichte sich so lange hinziehen würde.
Sie wird sich noch ein wenig gedulden müssen, denn die im Treppenhaus erzielte Einigung ist schnell dahin. Punkt für Punkt zerpflücken die Anwälte den Vergleich, auf den sie sich gerade geeinigt haben. Es geht um mögliche Aktiengewinne und theoretische Steuerforderungen. Ante Sapina lacht, er macht sich nicht mehr die Mühe, den juristischen Spitzfindigkeiten zu folgen, er lacht und stampft mit dem Fuß auf wie der DKLB-Anwalt, „wie Rumpelstilzchen, oder?“ Zwischendurch will die Richterin Schluss machen („für diese Diskussion brauchen Sie das Gericht nicht als Zuhörer“), aber um kurz vor 15 Uhr ist der Vergleich geschlossen. Ante zahlt 1,8 Millionen Euro in zwei Raten, dafür bürgen seine Brüder Milan (eine Million) und Filip (771 000).
Zum Abschied schließt Ante Sapina das Fenster und gibt dem gegnerischen Anwalt die Hand. Nichts wie raus! Der nächste Aufenthalt in einem Gebäude der Justiz kommt früh genug. Wie sein einstiger Kumpan Hoyzer wartet er täglich darauf, seine Haftstrafe anzutreten.
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