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Sport: Moralischer Maulkorb

Wer pfeift, pfeift bisweilen falsch. Wer falsch pfeift, wird bisweilen ausgepfiffen.

Wer pfeift, pfeift bisweilen falsch. Wer falsch pfeift, wird bisweilen ausgepfiffen. Der Dreischritt ist überall der gleiche: Schiedsrichter, Fehlentscheidung, Kritik. Die Handball-Bundesliga hat darauf zuletzt mit einem Maulkorberlass reagiert, Spieler und Klubverantwortliche müssen nach einem Spiel 48 Stunden über die Unparteiischen schweigen, sonst droht eine Geldstrafe von 5000 Euro. Die Volleyball-Bundesliga (DVL) geht jetzt einen anderen Weg: Sie verzichtet auf Verbote und setzt stattdessen auf einen Ethik-Code, der an Einsicht und Sportsgeist appelliert. Was uns zu einer philosophischen Frage führt: Sind Volleyballer bessere Menschen als Handballer?

Natürlich nicht. Die Chefs der DVL versuchen nur, einen sanfteren Druck auszuüben als ihre Handballkollegen. Das können sie sich erlauben, weil im deutschen Volleyball allgemein weniger Druck herrscht als im Handball oder im zur Hysterie neigenden Fußball. Zu den Spielen der DVL kommen weniger Zuschauer, die Medienpräsenz ist geringer, das Image des Sports ist ein anderes, es steht weniger Geld auf dem Spiel, die Atmosphäre ist entspannter. Das heißt natürlich nicht, dass der sportliche Wettbewerb weniger wert ist oder dass sich Spieler und Trainer weniger aufregen können. Es dürfte aber leichter fallen zu schweigen, wenn einem direkt nach einer emotionalen Niederlage kein Mikrofon unter die Nase gehalten wird. Und ein Punktverlust nicht zwangsläufig einen Millionenverlust darstellt.

Auch der Ethik-Code der DVL sieht einen Verzicht auf „jegliche diffamierende oder beleidigende Äußerungen“ vor, selbst schriftliche Stellungnahmen sollen erst nach 48 Stunden eingesandt werden, „um ausreichend emotionalen Abstand zum Spiel zu gewinnen“. Das führt uns zur nächsten philosophischen Frage: Ist ein ethisch begründeter Maulkorb besser als ein drakonischer Maulkorb?

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