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Hat viel gelernt in den ersten zehn Monaten als DFB-Präsident. Bernd Neuendorf, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes.

© dpa / Arne Dedert

Neuendorf über die Fifa : „Meine erste Erfahrung mit denen war krass“

Der DFB-Präsident reflektiert seine Erfahrungen während der WM mit dem Fußball-Weltverband.

Bernd Neuendorf ist ein freundlicher, auskunftsfreudiger Mann – der seine Erlebnisse bei der Fußball-WM in Katar gerade in aller Offenheit eingeordnet hat. „Ich bin erst seit zehn Monaten dabei“, erwähnte der DFB-Präsident bei einer Podiumsdiskussion in Köln und berichtete: „Das waren meine ersten Erfahrungen mit der Fifa. Und die waren krass.“

Als Konsequenz daraus will der gebürtige Dürener dem Fußball-Weltverband und dessen Präsident Gianni Infantino nun besonders scharf auf die Finger schauen. Mit Blick auf den 5. April, an dem Neuendorf ins Fifa-Council gewählt werden soll.

Der 61-Jährige ist der einzige Kandidat für den Platz in dem Gremium, der durch den Rückzug des ehemaligen DFB-Funktionärs Peter Peters frei wurde. Und im Auge hat er zunächst speziell die Entschädigungszahlungen an die Gastarbeiter in Katar, die Infantino zugesichert hat. „Wir müssen jetzt gucken: Wie ernst ist das wirklich gemeint?

Neuendorf will verhindern, dass Katar schnell vergessen wird

Was passiert da in den nächsten drei Monaten. Das ist ja kontrollierbar, da sind wir in der Verantwortung“, betont Neuendorf, der verhindern will, dass Katar schnell vergessen und der Blick sich allein auf die nächsten Großereignisse im Fußball richtet.

Andererseits scharrt Saudi-Arabien, dessen Bewerbung um die WM 2030, gemeinsam mit Griechenland und Ägypten, im Raum steht, schon mit den Hufen. „Die Debatte über die Einhaltung der Menschenrechte muss geführt werden – und zwar bevor wir über die nächsten Bewerber und Länder sprechen“, fordert Markus Beeko, Generalsekretär von Amnesty International Deutschland, in diesem Zusammenhang.

Neuendorf pflichtet Beeko bei – und nennt einen zentralen Ansatz. „Wir müssen Allianzen schmieden, das ist wichtig“, sagt er, führt Länder wie England, die Niederlande, Belgien oder Dänemark als Gleichgesinnte an und spricht sich parallel dazu gegen einen harten Konfrontationskurs gegen die Fifa aus.

Man dürfe sich nicht in der Position gefallen, einfach gegen Infantino zu sein

Man dürfe sich nicht in der Position gefallen, einfach gegen Infantino zu sein, und zu glauben, das sei die Lösung. „So wird man nichts erreichen. Man muss mit den Akteuren, die Verantwortung tragen, reden“, propagiert Neuendorf den diplomatischen Weg, weiß aber zugleich: „Der Fortschritt ist eine Schnecke.“

Den Spagat zwischen den langsam mahlenden Mühlen der Fifa und einem entschlosseneren persönlichen Vorgehen zu schaffen, bleibt trotzdem ein wichtiges Ziel für ihn. Gerade nach den Erfahrungen aus Katar.

Wir hätten alle Fragen, was mit der One-Love-Binde passiert, nicht so nah an das Turnier herangehen lassen dürfen

Bernd Neuendorf

„Wir hätten alle Fragen, was mit der One-Love-Binde passiert, nicht so nah an das Turnier herangehen lassen dürfen. Wir hätten Infantino besuchen, zur Fifa nach Zürich reisen müssen. So waren wir bis zum Schluss im Ungewissen“, rekapituliert Neuendorf, der von einer „Hinhaltetaktik“ des Weltverbandes spricht, selbstkritisch.

Internationale Allianzen könnten auch bei solchen Themen künftig hilfreich sein, betont der DFB-Präsident. Nach Androhung sportlicher Sanktionen durch die Fifa war die Geste des Mund-Zuhaltens der kleine gemeinsame Nenner, auf den sich das DFB-Team vor seinem ersten WM-Auftritt letztlich einigte.

„Ich hätte mir im Vorfeld für die Spieler gewünscht, dass sich Oliver Bierhoff hinstellt und sagt: So und so läuft das“, kommentiert die frühere Nationalspielerin Sonja Fuss, die der Ansicht ist: „Man hätte die Spieler besser schützen können und sollen.“ Einer, der solche Probleme als möglicher Nachfolger von Bierhoff als Sportdirektor künftig lösen könnte, ist Rudi Völler. Die fünfköpfige DFB-Taskforce, die unter anderem diese Frage klären soll und der auch Völler angehört, trifft sich in der kommenden Woche zur nächsten Sitzung.

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