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Sport: Niederlage in eigener Halle

Das deutsche Tennis verliert nun auch das Leipziger Damenturnier

Berlin. Als hätte das deutsche Tennis bei den Australian Open in diesen Tagen nicht schon genug verloren, hat es nun auch noch eine Heimniederlage einstecken müssen. Das Grand-Prix-Turnier der Damen in Leipzig wird in diesem Sommer nur noch in kleinem Rahmen ausgetragen. Statt bisher 585 000 Dollar loben die Veranstalter nur noch 200 000 Dollar Preisgeld aus. Viele Spitzenspielerinnen werden dafür nicht mehr nach Leipzig kommen. Damit wäre schon wieder eine kleine Tradition im deutschen Tennis zu Ende.

Vor knapp zwei Jahren hatte der Deutsche Tennis Bund (DTB) das Hamburger Damenturnier nach Philadelphia verkauft, um seine Schulden zu verringern. Das Leipziger Turnier war hinter dem in Filderstadt das zweitwichtigste Hallenturnier der Damen in Deutschland. Es zählte zur Kategorie „Tier 2“, bei der die Damen-Tennisorganisation WTA die Teilnahme von mindestens vier Top-Ten-Spielerinnen der Welt garantiert. Die Belgierin Kim Clijsters kam zum Beispiel gerne nach Leipzig und gewann gleich zweimal hintereinander, 2000 und 2001. „Das ist ein großer Verlust für das deutsche Tennis“, sagt Rolf Schmid, der für den Leistungssport zuständige Vizepräsident des DTB, „über Steffi Graf hatte das Turnier einen guten Namen.“ Steffi Graf hatte das Turnier mit ins Leben gerufen, die erste Auflage des Grand-Prix 1990 in der Leipziger Messe gewonnen und anschließend noch vier weitere Male bei diesem Turnier gesiegt. Sie wollte Tennis in den neuen Bundesländern populär machen, so entstand in Leipzig das größte Tennisturnier Ostdeutschlands.

Die Gründe für das Scheitern des Turniers sind vor allem bei ihm selbst zu finden. Die beiden Turnierdirektoren Ivan Radosevic und Henner Ziegfeld sind in die Kritik geraten, weil sie mit der Leipziger Olympia-Bewerbung gut dotierte Beraterverträge abgeschlossen hatten. Über diese Verträge stolperten einige Verantwortliche, unter anderem musste Bewerbungs-Geschäftsführer Dirk Thärichen gehen. Geld für das Turnier ist nun nicht mehr da, und im Moment will die WTA noch nicht einmal bekannt geben, ob das verkleinerte Leipziger Turnier überhaupt in die WTA-Tour aufgenommen wird.

Ziegfeld und Radosevic versuchen trotzdem, ihren Rückzug als Schritt mit Perspektive darzustellen. Schließlich wollen sie vom nächsten Jahr an ein Damen- und Herrenturnier in unmittelbarer Abfolge veranstalten, erst mit einem Preisgeld von 450 000 Dollar, von 2007 an dann mit 900 000 Dollar. Außerdem liege in der abgestuften Kategorie eine Chance für deutsche Spielerinnen. „Alle, die hinter Platz 35 in der Weltrangliste stehen, haben kaum Chancen, bei einem großen Turnier ins Hauptfeld zu kommen“, sagt Ziegfeld. In Leipzig dagegen könnten sie in Zukunft Punkte für die Weltrangliste sammeln.

Die Pläne der Turnierdirektoren werden jedoch von Kollegen skeptisch betrachtet. „Das ist der Tod des Leipziger Turniers“, sagt Eberhard Wensky, Turnierdirektor der German Open der Damen in Berlin. Einen Tennis-Wettbewerb mit 200 000 Dollar Preisgeld könne man „auf jedem Dorf veranstalten“, findet er. Zukunft hätte das Turnier ohnehin keine große gehabt, weil Sponsoren und Zuschauer fehlten. Das neue Konzept überzeugt Wensky nicht: „Wer will den so ein Turnier überhaupt sehen? Wer interessiert sich für die Nummer 200 oder 300 in der Welt, selbst wenn es eine Deutsche ist?“

Eine Chance für das Leipziger Turnier sieht Wensky nur, falls Leipzig den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2012 bekommen sollte. Darauf bauen auch die Turnierdirektoren. Sie wollen dann mit ihrer Veranstaltung auf das zukünftige Olympiagelände ziehen. „Dann kann man auch in Richtung Key Biscayne gehen“, nennt Ziegfeld ein großes Vorbild. Das Damen- und Herrenturnier von Key Biscayne schüttet mehr als sechs Millionen Dollar Preisgeld aus. In diesem Jahr jedoch muss das Turnier wieder klein anfangen. Es soll nicht vom 27. September bis zum 3. Oktober in der Arena Leipzig stattfinden, sondern im Spätsommer auf Sand in einem Tennisklub. Den Leipziger Termin hat die WTA vergeben – an die Olympiastadt Peking.

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