Sport: Nur das Lernen stört
Joakim Noah und die Florida Gators haben gerade die erste Woche des Turniers um die US-Meisterschaft im College-Basketball überstanden und schicken sich an, in 14 Tagen das vermeintlich Unmögliche zu schaffen: zum zweiten Mal hintereinander den Titel zu gewinnen. Einer der wohl wichtigsten Gründe dafür, dass die Gators eine realistische Chance auf das Double haben, ist, dass der Sohn des früheren Tennisstars Yannick Noah immer noch dabei ist.
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Joakim Noah und die Florida Gators haben gerade die erste Woche des Turniers um die US-Meisterschaft im College-Basketball überstanden und schicken sich an, in 14 Tagen das vermeintlich Unmögliche zu schaffen: zum zweiten Mal hintereinander den Titel zu gewinnen. Einer der wohl wichtigsten Gründe dafür, dass die Gators eine realistische Chance auf das Double haben, ist, dass der Sohn des früheren Tennisstars Yannick Noah immer noch dabei ist. Das ist deshalb ungewöhnlich, weil Noah im vergangenen Jahr der Star des Collegeturniers war. Jeder andere in Noahs Situation hätte danach einen Vertrag bei einem NBA-Klub unterschrieben und auf das weitere Studium dankend verzichtet.
Die Tatsache, dass Noahs Entscheidung Verwunderung ausgelöst hat, zeigt, was der US-Collegesport wirklich ist. Mit Hochschulsport, wie man ihn sich in Deutschland vorstellt, haben die Universitätsmeisterschaften in den USA nichts gemein. Es geht nicht um ein paar Studenten, die in ihrer Freizeit Sport treiben. Die Collegeligen sind vielmehr eine systematische Talentfarm für die Profiligen sowie ein Multimilliarden-Dollar-Geschäft. Besonders im Football und im Basketball haben die Universitätsteams Budgets mit zweistelligen Millionenbeträgen. Die Trainer verdienen Stargehälter, große Sportuniversitäten haben eigene Stadien. Das Geld kommt vorwiegend aus Fernsehrechten der College-Liga NCAA. Die US-Meisterschaft im College-Basketball wird täglich zur besten Sendezeit übertragen und von vielen Millionen Fans verfolgt. Die Sportler sind de facto Vollzeitathleten. Dass sie an einer Uni eingeschrieben sind, ist meist eine Farce – die Abschlussraten von Athleten liegen um die 50 Prozent, in manchen Fällen wie der Universität von Ohio bei gerade zehn.
Das heißt aber noch lange nicht, dass diejenigen, die einen Abschluss machen, auch studiert haben. Oft werden sie nicht nur an der Universität durchs Studium geschleust, sie wurden auch schon durch die Highschool bugsiert, um eine formale Hochschulqualifikation zu bekommen. Für diejenigen, die später tatsächlich Profis werden wie Noah, funktioniert das System. Die anderen landen oft ohne Ausbildung wieder dort, wo sie herkommen – in vielen Fällen im schwarzen Ghetto. Ihre Berufssaussichten sind dann nicht besser, als wenn sie niemals eine Schule besucht hätten. Das Einzige was sie aus ihrer Karriere mitnehmen sind Erinnerungen an ein paar aufregende Jahre. Und vielleicht das Bedauern darüber, dass sie alles auf die Sportkarte gesetzt haben, anstatt sich auch mal hinter die Bücher zu klemmen.
An dieser Stelle erklären die US-Korrespondenten Matthias B. Krause und regelmäßig Phänomene aus dem nordamerikanischen Sport.
Sebastian Moll
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