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UNSERE Experten: Ohne Krisen zum Titel

Es war im Grunde ein perfektes Finale. Auch wenn es am Ende für die deutsche Mannschaft nur zum Vize-Europameister gelangt hat.

Es war im Grunde ein perfektes Finale. Auch wenn es am Ende für die deutsche Mannschaft nur zum Vize-Europameister gelangt hat. Aber allein die Final-Konstellation hat gezeigt, dass zwei Wege Erfolg versprechend sind. Fußballerische, klar, aber auch mentale. Auf der einen Seite die spanische Mannschaft. Sie ist vom ersten Spiel an ohne Krise, ohne Schwierigkeiten und ohne Druck in dieses Endspiel gekommen. Es gab mit Ausnahme von David Villa keine schwerwiegenden Verletzungen, die kompensiert werden musste. Und auf diese kleine Krise hat Trainer Luis Aragones souverän reagiert – mit einer Systemumstellung.

Auf der anderen Seite das deutschen Team. Sein Weg nach Wien war geprägt von Höhen und Tiefen. Immer wieder musste das Team von Bundestrainer Joachim Löw Drucksituationen überstehen. Selbst im scheinbar perfekten Viertelfinalspiel gegen Portugal verkürzten die Portugiesen zweimal und ließen die Deutschen bangen. Die Niederlage gegen Kroatien, das bescheidene Spiel gegen Österreich, die Verletzung von Torsten Frings, das schwache Halbfinalspiel gegen die Türkei und die Sorgen um Ballack vor dem Finale – ständig waren Mannschaft und Trainerstab gezwungen, die eigene Situation genau zu analysieren, zu reflektieren und Veränderungen vorzunehmen. Es hat die Mannschaft gestärkt, aber nicht zum Titel geführt. Die Spanier dagegen mussten sich solche Gedanken nie machen. Sie haben alles, was nach Druck und Krise aussehen könnte, einfach ignoriert. Sie haben Rythmuswechsel verkraftet als Aragones im letzten Vorrundenspiel nur eine B-Elf aufs Feld schickte und sie haben ein Spiel gegen Italien gewonnen, in dem sie nicht brilliert haben. Ihre wahre Stärke lag nicht etwa darin, Krisen zu bewältigen, sondern sie erst gar nicht entstehen zu lassen. Respekt, und herzlichen Glückwunsch.

Hier kommentierten Marcel Reif, Mirko Slomka, Fredi Bobic, Nadine Angerer und Lars Ricken im Wechsel die EM. Alle Kolumnen unter www.tagesspiegel.de/em2008.

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