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Ähnlich wie ein Chronometer häuft Heinz Wewering Woche für Woche neue Erfolge an.

© imago images/Marius Schwarz

Heinz Wewering wird 70: Rennen statt Rente

Unglaubliche 16.912 Trabrennen hat Heinz Wewering in seinem Leben schon gewonnen. Am Dienstag wird er 70 Jahre alt. Eine Gratulation.

Seine Karriere gleicht einem Uhrwerk, das hundertprozentig präzise tickt. Die Zeiger bewegen sich zwar ruhig und ohne Hast über das Zifferblatt – aber sie schreiten unaufhörlich voran.

So in etwa müssen es die Konkurrenten von Heinz Wewering empfinden, wenn sie seine Statistik betrachten. Denn ähnlich wie ein Chronometer, der beharrlich die Sekunden einsammelt, häuft der mit Abstand siegreichste Sulkyfahrer Europas Woche für Woche neue Erfolge an. Aktuell beläuft sich die Zahl der Trabrennen, die der seit 2010 in Berlin lebende Wewering bisher gewonnen hat, auf 16 912. Eine Marke, die geradezu unglaublich erscheint und die einzigartig ist. Mit seiner Lebensleistung hat der am 28. Januar 1950 in Westfalen geborene und nach wie vor aktive Pferdefachmann einen Rekord für die Ewigkeit erschaffen. Kein anderer europäischer Sulkyfahrer wird diesen Zenit jemals erreichen. Der Zweitplatzierte in der Bestenliste, der Finne Jorma Kontio, liegt mit fast 6000 Zählern abgeschlagen zurück.

Dass es eines Tages so kommen würde, konnte niemand erahnen, als Wewering im September 1965 mit einem Pferd namens Morgan vom Veeinghof das erste Mal ein Rennen gewann. 15 Jahre war der Teenager, der ursprünglich Galoppjockey werden wollte, damals alt. 1972 gab Wewering beim Derby auf der Mariendorfer Bahn sein Debüt. Sein Auftritt endete allerdings schrecklich: Kurz vor dem Erreichen der Zielgeraden geriet Wewering in aussichtsreicher Position ein Gegner unbeabsichtigt in die Quere. Sein Hengst namens Dürer kam zu Fall, und der 22-Jährige wurde in hohem Bogen aus dem Sulky geschleudert. Doch Wewerings Talent, Nackenschläge in Erfolge umzumünzen, wurde dadurch erst so richtig geweckt.

Seine eigentliche Stärke ist Wewerings innere Ruhe

„Die Niederlagen waren manchmal sogar wichtiger als die Siege“, sagt der zweifache Weltmeister. „Aus ihnen habe ich entscheidende Lehren gezogen.“ Eine Serie begann – im Anschluss gewann Wewering das Derby achtmal.

Die eigentliche Stärke sind aber nicht seine geradezu jugendliche Vitalität und der Ehrgeiz, der ihn auch aktuell nicht ans Aufhören denken lässt. Es ist die innere Ruhe. Wewering hatte niemals Probleme, mit hohem Erwartungsdruck umzugehen. Er ist immer zuversichtlich. „Wenn ein Pferd durch ein optimales Training bestens vorbereitet ist, wird es auch klappen. Ein Rennen wird im Grunde genommen in den Wochen zuvor gewonnen und nicht erst in den Minuten nach dem Start“, sagt der 29-malige Deutsche Meister und ergänzt: „Am wichtigsten ist es, sich in die Psyche des Pferdes hineinzufühlen. Jeder Traber hat seinen eigenen Charakter, und nur wenn man diesen versteht, entwickelt sich eine echte Partnerschaft zwischen Mensch und Tier. Dann braucht man auch nicht am Erfolg zu zweifeln.“

Wewerings grenzenloser Optimismus gleicht somit jenem seines 2005 verstorbenen Vorgängers Rolf Dautzenberg, den er 1977 als nationalen Champion abgelöst hatte. „Wenn ich im Rennen auf zehn Gegner treffe, warum soll ausgerechnet ich dann verlieren?“, hatte Dautzenberg einmal gescherzt.

Heiko Lingk

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