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Man kennt sich. Lange prägten Rolf Brack (l.) und Velimir Petkovic (r.) das Schwaben-Derby zwischen Balingen und Göppingen. Heute treffen sie sich erneut. Foto: Imago

© imago sportfotodienst

Handball-Bundesliga: Rolf Brack und Velimir Petkovic: Die Gefährten

Die Handball-Trainer Rolf Brack und Velimir Petkovic verbindet eine besondere Vorgeschichte. Am Sonntag treffen sie sich erneut.

Vor dem Spiel werden sie sich die Hand reichen, ist doch klar. Sie werden ihren Respekt zum Ausdruck bringen und vielleicht kurz in Erinnerungen schwelgen. Weiß’te noch damals, zu Beginn des Jahrtausends im Schwabenländle? Oder Anfang der Neunziger, als sich unsere Wege erstmalig kreuzten? Ziemlich lange her das Ganze und doch irgendwie sehr präsent, der Blick in den Rückspiegel.

Wenn die Füchse Berlin am 28. Spieltag der Handball-Bundesliga Frisch Auf Göppingen empfangen (12.30 Uhr, Max-Schmeling-Halle und live bei Sky), ist das bei aller sportlichen Relevanz vor allem ein Duell zweier großer Trainer, zweier Originale, wie man sie immer seltener findet. Auf Göppinger Seite: Rolf Brack, 64, ein Handball-Intellektueller, Sportwissenschaftler, Taktik-Tüftler und Querdenker, seit acht Monaten bei Frisch Auf angestellt. Und auf Berliner Seite: Velimir Petkovic, 61, ein taktisch nicht minder bewanderter Vertreter seines Fachs, der allerdings eher auf alte Schule setzt, auf Disziplin und Gehorsam und die Füchse in knapp eineinhalbjähriger Dienstzeit auf den zweiten Tabellenplatz geführt hat. „Wir haben uns schon so viele Schlachten geliefert, dass der eine den anderen eigentlich kaum überraschen kann“, sagt Brack, „aber so wie ich uns kenne, werden wir es wenigstens versuchen.“ Nach dem Handschlag und einer herzlichen Begrüßung, versteht sich.

Was heute selbstverständlich erscheint, war es lange Zeit nicht. Ein Jahrzehnt lang haben sich Petkovic und Brack nicht mit dem Allerwertesten angeschaut, sie waren mehr als erbitterte Rivalen, sie waren Erzfeinde – wegen einer alten Geschichte. 1991 erhält Brack, seinerzeit Sportdirektor der SG Stuttgart/Scharnhausen, einen Tipp: beim bosnischen Verein RK Borac Banja Luka soll ein junger, überaus talentierter Trainer am Werk sein, ein gewisser Velimir Petkovic. Also trifft sich Brack mit dem potenziellen Kandidaten und ist schnell überzeugt, den richtigen Mann für seinen Verein gefunden zu haben. Während daheim im ehemaligen Jugoslawien der Bürgerkrieg tobt, ziehen die Petkovics also ins Schwabenland, die erste Auslandsstation soll ein Neustart sein – und endet mit einer großen Enttäuschung: wenige Wochen nach Amtsantritt wird Petkovic schon wieder entlassen, Manager Rolf Brack übernimmt den Trainerposten höchstpersönlich – eine Entscheidung, die ihm Petkovic lange nachtragen wird. „Das war ein Schock für mich. In meiner Heimat war Krieg, ich hatte zwei kleine Kinder. Das war die schwerste Zeit meines Lebens“, hat Petkovic einmal den „Stuttgarter Nachrichten“ erzählt. „Ich musste danach einen Landesligisten trainieren und in der Fabrik arbeiten, um meine Familie zu ernähren.“ Brack sagt rückblickend: „Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich an den Moment denke, als ich Petko die Entlassung mitteilen musste.“

Petkovic muss ein paar Ehrenrunden drehen, ehe er 1998 wieder bei einem Erstligisten unterkommt, bei der HSG Wetzlar. Ein neues Level erreicht die Rivalität 2004: Petkovic übernimmt in Göppingen und trifft damit mindestens zwei Mal im Jahr auf Brack, der im 80 Kilometer entfernten Balingen das Sagen hat. Ein Jahrzehnt lang prägen die Trainer das schwäbische Derby – ohne sich auch nur einen Zentimeter anzunähern. Sie sind sich in inniger Abneigung verbunden. Petkovic sagt: „Ich schüttle keine schmutzigen Hände.“

Wie das so ist bei Streithähnen, muss aus dem Nichts eine Art Mediator her, der zwischen den Parteien vermittelt. Oder besser gesagt: eine Mediatorin. Irgendwann greift Bracks Frau Eva zum Telefon und ruft im Hause Petkovic an. „Das hat das Eis zum Schmelzen gebracht“, sagt Petkovic. Und Brack ergänzt lachend: „Frauen haben ja eine höhere Sozialkompetenz als ehrgeizige Männer, die immer um jeden Preis gewinnen wollen. Deshalb bin ich froh, dass es so gelaufen ist und sich meine Frau damals eingeschaltet hat.“ Andernfalls wäre das so eine Sache mit dem Handschlag vor Spielbeginn.

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