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Felix Neureuther, 26, fährt für den Skiklub Patenkirchen. Das Foto zeigt ihn bei seinem Slalom-Sieg am Gudiberg im vergangenen Oktober. Bei der WM-Generalprobe am gestrigen Sonntag in Hinterstoder (Österreich) kam Neureuther im Riesenslalom nur auf den 29. Platz.Foto: ddp

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Sport: „Schon als ich drei war, hat mich der Berg motiviert“

Skirennfahrer Felix Neureuther über die heute beginnende WM in seinem Heimatort, Münchens Olympiapläne und sein Leben mit berühmten Eltern

Herr Neureuther, gibt es einen Bergvorteil?

(Pause) Was soll das sein?

Der Heimvorteil im Skifahren, weil man den Berg sehr gut kennt. So wie Sie den Gudiberg, auf dem bei der heute beginnenden Ski-Weltmeisterschaft in Garmisch-Partenkirchen der Slalomsieger gekürt wird.

Auf alle Fälle gibt es einen Heimvorteil. Allein, weil die Zuschauer einen pushen werden. Und weil man sich auf den Hang perfekt vorbereiten kann. Wir haben jede Gelegenheit genutzt, auf dem Gudiberg zu trainieren, andere Nationen allerdings auch. Ich denke, wir haben trotzdem einen Heimvorteil. Dem gegenüber allerdings steht der Erwartungsdruck. Damit kann ich aber gut umgehen, wie nicht zuletzt mein Weltcupsieg im Vorjahr auf dem Gudiberg gezeigt hat.

Was bedeutet dieser Berg für Sie?

Alles. Schon als ich drei Jahre alt war, war der Berg eine große Motivation für mich: Wenn man den Gudiberg runterfahren konnte, dann war man richtig gut. Weil der so schwierig und so steil war. Eigentlich war man schon ein Held, wenn man mit dem alten Tellerlift sturzfrei hochkam. Für mich als Dreijährigen war es immer die Frage: Schaff ich’s oder schaff ich’s nicht, ohne zu stürzen dort runterzufahren. Dann waren dort Weltcuprennen. Da ist der Alberto Tomba gefahren, Armin Bittner und Peter Roth. Danach war es ein großer Traum für mich, dort auch mal Rennen fahren zu dürfen. Dann war es der Traum, dort mal ein Rennen zu gewinnen.

Das ist Ihnen in der vorigen Saison gelungen, es war Ihr zweiter Weltcupsieg.

Und jetzt fahren wir dort eine Weltmeisterschaft. Das ist der nächste große Traum. Das war schon immer mein Berg, mein Baby. Deswegen gehe ich mit einem guten Gefühl an den Start.

Wenn München die Winterspiele 2018 zugesprochen bekommt, wird es sogar noch einen olympischen Slalom auf dem Gudiberg geben.

Das wäre eine krasse Steigerung. Aber jetzt genießen wir erst mal die WM, bis Olympia ist noch ein so weiter Weg, es ist ja noch gar nicht klar, wo die Spiele stattfinden werden. Den WM-Slalom zu gewinnen, das wäre schon etwas Unglaubliches.

Was bedeutet diese Heim-WM in Garmisch-Partenkirchen für Sie?

Sie bedeutet definitiv alles für mich. Ab dem Zeitpunkt, an dem bekannt gegeben wurde, dass Garmisch-Partenkirchen die WM 2011 ausrichtet, schielt man darauf hin. Jetzt ist es so nahe, dass man eine Gänsehaut bekommt, wenn man daran denkt.

Einige im Ort sind nicht so begeistert von den sportlichen Aktivitäten in Garmisch-Partenkirchen. Bei der Olympiabewerbung gibt es große Probleme wegen des sogenannten Bauernaufstands. Was halten Sie davon?

Ich finde es schade, dass es so ist. Manche Menschen realisieren einfach nicht, welchen Wert Olympische Spiele nicht nur für Garmisch-Partenkirchen, sondern auch für Deutschland haben werden. Es gibt immer Menschen, die gegen irgendetwas sind. Und die Gegner werden in der Öffentlichkeit immer eher wahrgenommen als die Fürsprecher. Wenn Olympia kommt, dann bin ich mir sicher, dass es unglaublich sein wird.

Kennen Sie einen der Olympiagegner persönlich?

Ja.

Haben Sie mit ihm schon einmal über das Thema gesprochen?

Noch nicht. Aber ich habe einen klaren Standpunkt.

Aber Sie wollen sich öffentlich nicht positionieren?

Doch, ich positioniere mich ganz klar öffentlich für Olympia 2018. Ich setze mich für die Bewerbung ein. Aber man muss trotzdem wissen, wie man sich äußert. Wie sagt man so schön: Der Ton macht die Musik! Beleidigen sollte man also niemanden. Und als Sportler habe ich sowieso nur einen begrenzten Einfluss.

Spaltet Olympia den Ort?

Es gibt natürlich Diskussionen. Allerdings sind die meisten dafür.

Immerhin sollen sich die Kinder im Ort einig sein, dass die WM-Maskottchen toll sind. Wie gefallen Ihnen die beiden Schneebälle namens Ga und Pa?

Super.

Das müssen Sie sagen, weil die Maskottchen von Ihrer Schwester, der Designerin Ameli Neureuther, gestaltet worden sind.

Nicht nur deswegen. Sondern auch, weil sie mit ein bisschen Hintergrund gemacht worden sind.

Nämlich?

Sie stehen für Garmisch und Partenkirchen, zwei verschiedene Orte, zwei verschiedene Skiklubs, der eine blau, der andere rot. Die Farbe vom Skiklub Partenkirchen ist Blau, die vom Skiklub Garmisch war früher Rot. Die beiden Maskottchen gibt’s aber nur zusammen – im Paket. Auch Garmisch und Partenkirchen gehören zusammen. Die Schneebälle finde ich schön, auch dass sie Ga und Pa heißen. Da steckt etwas dahinter.

Welches Maskottchen gefällt Ihnen besser?

Beide gleich gut. Meine Farbe ist eher die blaue, ich fahre für den Skiklub Partenkirchen, der Gudiberg steht in Partenkirchen, aber ich wohne in Garmisch. Deswegen ist das eine etwas verzwickte Sache.

Gibt es immer noch diese Rivalität zwischen den beiden Ortsteilen?

Man zieht sich gegenseitig auf, wenn man im einen Ortsteil wohnt und im anderen irgendwas nicht so gelaufen ist, wie es hätte laufen sollen. Das schon, aber so eine richtige Rivalität herrscht nicht mehr. Früher im Skiklub war die viel größer. Es war definitiv wichtig, dass wir vom Skiklub Partenkirchen schneller waren als die vom Skiklub Garmisch.

Stammt nicht auch die große WM-Favoritin Maria Riesch aus dem Skiklub Partenkirchen?

Ja, damals waren wir die besseren. Auch Fanny Chmelar ist vom Skiklub Partenkirchen, Susanne Riesch auch. Aber der Skiklub Garmisch ist jetzt extrem im Kommen, man muss zugeben, dass der momentan eine richtig gute Jugendarbeit macht.

Warum wohnen Sie eigentlich noch in Garmisch-Partenkirchen?

Wieso nicht, wo soll ich sonst wohnen?

Oberammergau, München - oder Berlin, wo Ihre Schwester wohnt?

Nein, ich bin ein sehr heimatbezogener Mensch. Ich habe hier meine Familie, meine Freunde und meine Trainer, dieses Umfeld ist mir einfach extrem wichtig. Deshalb gibt es da gar keine Diskussion. In Garmisch bin ich zu Hause, da fühle ich mich wohl.

Manchmal kann es doch auch nervig sein, wenn die Eltern in der Nähe sind.

Das ist doch praktisch, wenn die Mama in der Nähe ist, dann kann man zum Mittagessen mal hinfahren. Das mache ich schon öfter (lacht).

Ihre Eltern, die ehemaligen Skistars Rosi Mittermaier und Christian Neureuther, sind im WM-Organisationskomitee und bei der Olympiabewerbung engagiert. Gibt es am Mittagstisch der Familie Neureuther-Mittermaier überhaupt noch ein anderes Thema als Skifahren?

Bei uns zu Hause redet man über alles andere. Es wird ganz, ganz wenig über Skifahren geredet.

Ihr Vater fiebert bei Ihren Rennen immer extrem mit. Als Sie im vergangenen Jahr in Kitzbühel zum ersten Mal ein Weltcuprennen gewannen, hat er sogar geweint. Was bedeutet Ihnen das Mitgefühl des Vaters?

Mein Vater ist ein emotionaler Mensch, ich komme da eher nach der Mutter. Er geht immer extrem mit. Aber wenn dein Sohn da runterfahren würde, würdest du auch nicht wie jeder andere vor dem Fernseher sitzen. Du würdest auch nervös sein, wenn er am Start oben steht und sich da runterstürzt. Das ist ganz normal.

Hätten Sie eigentlich auch etwas anderes machen dürfen als Skifahren?

Alles, ich hätte alles machen dürfen, was ich wollte. Nur eines musste ich machen, das war Abitur. Das habe ich dann gemacht – damit ich Skifahren darf.

Warum haben Sie Skifahren gewählt, jenen Sport, in dem Ihre Eltern alles erreicht haben, was es gibt, und Sie es schwer haben werden, es ihnen gleichzutun?

Mit 13 Jahren, als die Entscheidung für das Skifahren gefallen ist, realisiert man so etwas nicht. Ich mag mich eigentlich nicht selber loben, aber als Kind habe ich im Skifahren dominiert. Und ich habe dann den ganz normalen Weg genommen. Mir war auch gar nicht richtig bewusst, wie bekannt meine Eltern waren.

Sie könnten nach dem Teamweltmeistertitel 2005 jetzt den ersten Einzel-WM-Titel in die Familie holen. Oder ist einer Ihrer Eltern auch Weltmeister geworden?

Ja, die Mama. Die ist Weltmeisterin in der Kombination.

Das Gespräch führte Benedikt Voigt.

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