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© X90074

America’s Cup: Segeln: Schwimmende Tragflächen

Nach jahrelangem juristischen Streit beginnt der America’s Cup mit millionenschweren High-Tech-Yachten.

Sicher kocht es in ihm. Die juristische Schlammschlacht vor dem Rennen hatte immerhin mehr als zwei Jahre gedauert. Die Wut sieht man dem Besitzer des Teams, das den America’s Cup – die symbolträchtigste Trophäe im Segeln – verteidigt, deutlich an. Ernesto Bertarelli ringt mit sich auf der Bühne seines Hauptquartiers im Hafen von Valencia. Zwar lächelt er weiter, aber seine Hände presst er zusammen, als wollte er seinen Gegner Larry Ellison, Inhaber von BMW Oracle, imaginär zerquetschen. Zudem verliert der 45-Jährige immer häufiger den diplomatischen Ton, den der Milliardär bis dahin bei der Pressekonferenz gepflegt hatte. „Wenn Larry der wirklich bessere Segler ist, dann soll er es mir am Montag zeigen und sich ans Steuer stellen“, ruft Bertarelli wütend.

Der Italoschweizer, der mit seinem Team 2003 und 2007 den America’s Cup gewann, wird am Montag selbst am Ruder seines gewaltigen Katamarans Alinghi 5 stehen, mit dem er antritt, um den Cup in der 33. Auflage der fast 160 Jahre alten Regatta gegen seinen Erzfeind Ellison und dessen US-Team zu verteidigen. Zu dem spektakulären Duell, „Deed of Gift“ genannt, kommt es, weil sich die Kontrahenten nicht auf ein neues Regelwerk für die Traditionsregatta einigen konnten.

Der Genfer Bertarelli segelt die Rennmaschinen unter den Yachten bereits seit mehr als 20 Jahren. Bereits vor zehn Jahren baute er den radikalen Katamaran „LeBlack“, der quasi eine kleinere Blaupause für die gigantische Alinghi 5 war. Ob dies einen Erfahrungsvorsprung gegenüber dem Widersacher bedeutet, der unter der Flagge des Golden Gate Yacht Club aus San Francisco antritt, ist noch unklar. Schließlich hat sich das US-Team die weltbesten Konstrukteure für Mehrrumpfyachten an Bord geholt. Ergebnis ist die „USA 17“, ein auf drei Rümpfen segelnder Gigant mit einem 60 Meter hohen Flügelsegel, das der Tragfläche von Flugzeugen nachempfunden wurde. Jeweils mehr als 150 Millionen Euro haben beide Teams in die Entwicklung ihrer Segelmaschinen gesteckt, deren Nutzen lediglich darin besteht, zwei Rennen der Best-of-three-Serie zu gewinnen.

Ellison wird trotz der Herausforderung durch seinen Widersacher nicht am Steuer seines Trimarans stehen. Steuern wird das US-Ungetüm der 31-jährige Australier James Spithill. Ellison, Gründer und CEO des Softwareunternehmens Oracle, unterließ es sogar, bei der Pressekonferenz der Teambesitzer zu erscheinen und seinem Gegner Bertarelli persönlich gegenüberzutreten.

Immerhin scheinen sich die Valencianer über das außergewöhnliche Ereignis zu freuen. Bei schönstem Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen spazierten gestern Hunderte durch den Hafen, der mit all den Hallen der einstigen Cup-Teams aus dem Jahr 2007 doch etwas verwaist wirkt. Die kurzfristig anberaumten Konzerte, Partys und die vielen Poster und Plakate sollen die Mittelmeerstadt auf das gigantische Segelrennen einschwören. „Catch me if you can“, fang mich, wenn du kannst, ist auf solch einem Plakat zu lesen. Die Segelszene betrachtet das Duell mit einer Mischung aus Faszination für die extreme Technik und Wut darüber, dass die aussichtsreiche Zukunft des Cup durch den Streit der Milliardäre jäh unterbrochen wurde.

„Ich bin froh, dass endlich gesegelt wird“, sagte Bertarelli nach der Vorstellung seines Teams. Ob der Sieger des Duells aber tatsächlich auch der Sieger des 33. America’s Cup ist, das ist immer noch nicht klar. Schließlich steht diesbezüglich noch ein Gerichtsurteil aus, es soll am 25. Februar gefällt werden. Bertarelli hat immerhin angekündigt, dass für ihn die Entscheidung „definitiv auf dem Wasser“ falle. Ellison dagegen wiegelt ab: „Wir konzentrieren uns nun auf die Rennen. Was danach kommt, werden wir sehen.“

Lesen Sie morgen auf Seite 3 die Reportage: Das Duell der Super-Egos.

Ingo Petz[Valencia]

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