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Deutsche Fans auf der Fanmeile beim Spiel gegen die Schweiz.

© imago/Future Image/Frederic Kern

Sicherheitstraining an der Uni: Wenn die Fanmeile geräumt werden muss

Wie angehende Polizeikräfte in Berlin praxisnah auf die Herausforderung EM und im Profifußball vorbereitet wurden und werden.

Von Joy Annabel Schacke

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Zischende Pyrotechnik, prügelnde Hooligans, rassistische Beleidigungen – das sind nur einige der Herausforderungen, mit denen die Polizei bei Fußball-Großveranstaltungen häufig konfrontiert wird. Um sich auf Ausnahmesituationen wie diese besser vorzubereiten, gab es das Seminar „Lagebild Uefa EM 2024“ an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR).

Angehende Einsatzkräfte der Polizei sollten hier praxisnah ausgebildet werden, analysierten Problemszenarien von Fußballgroßereignissen der vergangenen Jahre – wie etwa gewaltsame Ausschreitungen bei Spielen – und versuchten, Lösungen zu finden. Entwickelt wurde das Konzept von dem Berliner Sozialwissenschaftler Juergen Weichselgartner und Jurist Jan Roggenkamp.

„Die Szenarien sind von Fachleuten der Landesinformationsstelle für Sporteinsätze erstellt. Wir haben sie angepasst. Einige der Situationen sind während der EM sogar schon eingetreten“, sagt Weichselgartner.

Was, wenn der Deutsche Wetterdienst sagt, dass die Fanmeile geräumt werden muss, aber schon 20.000 Fans da sind, die schon ordentlich einen gebechert haben?

Der  Berliner Sozialwissenschaftler Juergen Weichselgartner

Fans unterschiedlicher Nationen sind aneinandergeraten, etwa beim Spiel Serbien gegen England. Ein anderes Szenaro, das durchgegangen wurde, waren Unwetterwarnungen: „Was, wenn der Deutsche Wetterdienst sagt, dass die Fanmeile geräumt werden muss, aber schon 20.000 Fans da sind, die schon ordentlich einen gebechert haben?“

Doch nicht nur die EM-Länderspiele sind Thema bei diesen Seminaren. Der illegale Einsatz von Böllern und Raketen in den Fankurven hat allgemein stark zugenommen. Im jüngsten Seminar hätte man daher auch behandelt, wie die zukünftigen Einsatzkräfte mit Verbrennungen und anderen schweren Verletzungen umgehen sollten, so Roggenkamp. Nach Einschätzungen des DFB stehen Sicherheitskräfte vor immer mehr Herausforderungen, die auch ein gewisses Insiderwissen erfordern. Und gute Vorbereitung. Dafür sollten sich die Studierenden auch mit Kollegen von internationalen Partneruniversitäten, wie etwa aus Belgien und den Niederlanden, austauschen, sagt Weichselgartner.

Welche Probleme durch Extremismus im Fußball entstehen können, klammerten die beiden Ausbilder in dem Seminar aus. Man könne die angehenden Polizistinnen und Polizisten nicht auf alle Gefahrensituationen vorbereiten, sagen sie. Dazu seien die Problemlagen und Kontexte zu unterschiedlich. „Die Kompetenz, die erworben werden soll, ist, dass man auch in unbekannten Situationen, handlungsfähig bleibt. Da ist dann vielleicht eine Stellschraube anders und man muss sich noch ein paar weitere Informationen beschaffen. Man weiß aber, wo die rechtlichen Grenzen liegen“, sagt Roggenkamp. „Eine Person, die sich mit anderen prügeln möchte, kann so gegebenenfalls in Gewahrsam genommen werden. Die spezifischen Hintergründe für die Prügeleien sind da meist sekundär.“ Ziel der Polizei sei es, Gefahren präventiv abzuwehren.

Eingesetzt wurden die Studierenden bei dieser EM noch nicht. Was sie gelernt haben, können sie aber auch bei anderen sportlichen Ereignissen nutzen. Die Studierenden hätten das Seminar sehr positiv aufgenommen. Nächstes Jahr soll das Vertiefungsseminar erneut angeboten werden, auch ohne Fußball-EM. „Wir sind jetzt gerade dabei, das Seminar ein bisschen anzupassen und einen anderen Fokus zu setzen“, sagt Weichselgartner. Zum Beispiel auf Hochrisikospiele in Berlin, vor allem bei Vereinen der unteren Ligen.

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