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Wolfgang Niersbach (im Hintergrund) ist im Sommermärchen-Prozess als Zeuge geladen, um gegen Theo Zwanziger (vorne rechts) auszusagen.

© dpa/Arne Dedert

Sommermärchen-Prozess: Drei ehemalige DFB-Präsidenten als Zeugen geladen

Der Sommermärchen-Prozess in Frankfurt geht ab Donnerstag in eine neue Phase. Drei ehemalige DFB-Präsidenten sollen als Zeugen aussagen. Die Frage bleibt, was das Verfahren bringen wird.

Von Harald Stenger

Stand:

Der Sommermärchen-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt geht ab Donnerstag in eine neue Etappe. Die Vernehmung von Fritz Keller als Zeuge ist der Auftakt zum Stelldichein von drei ehemaligen DFB-Präsidenten. Im neuen Jahr folgen Reinhard Grindel am 13. Januar und Wolfgang Niersbach am 30. Januar. Im Februar sollen Ex-FIFA-Präsident Sepp Blatter und DFB-Intimus Günter Netzer dann per Video vernommen werden.

Wenig Neues im Verfahren

Es bleibt jedoch die Frage: Was bringt das? Denn das Verfahren hat seit Beginn im März 2024 kaum Neuigkeiten beschert. Zudem wurde es zweimal wegen Erkrankungen von Ex-DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt und der Richterin Eva-Marie Distler insgesamt vier Monate unterbrochen.

Eine emotionale Konsequenz daraus: Nach dem Re-Start Anfang November ist ein Klimawandel eingetreten. Führte die Richterin lange rigide durch den Prozess und lieferte sich besonders mit Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger harte Auseinandersetzungen, ist nun der Ton aller Beteiligten moderater geworden.

25.000
Euro Geldbuße musste Wolfgang Niersbach zahlen.

Gleichzeitig ist Zwanziger inzwischen der einzige, der wegen schwerer Steuerhinterziehung auf der Anklagebank sitzt. Das Verfahren gegen Schmidt wurde Anfang Juni aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt und bisher nicht mehr aufgenommen. Niersbach erreichte am 26. August gemäß § 153 a Strafprozessordnung eine Einstellung der Anklage gegen ihn und zahlte dafür eine Geldbuße von 25.000 Euro an fünf karitative Organisationen. Seine Anwälte legen Wert darauf, dass dies kein Schuldeingeständnis ist, und das Gericht betont, dass kein Freispruch erfolgt ist.

Vom Angeklagten zum Zeugen

Umso kurioser ist es nun, dass Niersbach in dem Prozess als Zeuge geladen ist, um in dem Prozess gegen Zwanziger und Schmidt wegen schwerer Steuerhinterziehung auszusagen. Laut Staatsanwalt Jesco Kümmel wurden 13,7 Millionen Euro Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer nicht gezahlt, woraufhin der DFB für 2006 seine Gemeinnützigkeit verlor und elf Jahre später 22,57 Millionen Euro inkl. Zinsen überwies.

Eine DFB-Zahlung von 6,7 Millionen Euro ist der Stein des Anstoßes. Ende April 2005 wurde dieser Betrag vom DFB über sein WM-OK 2006 an die FIFA überwiesen, die das Geld sofort an Robert Louis-Dreyfus weiterleitete. Dieser hatte zuvor 2002 die 6,7 Millionen als Darlehen in vier Tranchen auf das Konto von Franz Beckenbauer gezahlt.

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Der „Kaiser“ überwies diese Summe mit unbekanntem Zweck an den wegen Korruption im Dezember 2012 lebenslang gesperrten FIFA-Granden Mohammed bin Hammam. Alles erstmals zu lesen in einer Spiegel-Enthüllungsstory im Oktober 2015. Doch bis zur Stunde bleibt ungeklärt, in welche Taschen das an den Katari Bin Hammam überwiesene Geld wirklich floss. Wie schon andere zuvor, wussten oder erinnerten sich auch alle bisherigen Zeugen in Frankfurt, angeführt von Uli Hoeneß, an nichts. Bei kritischen Rückfragen schwiegen sie oder sagten nichts Substanzielles.

Das Landgericht Frankfurt will dennoch die Zeugenvernehmungen fortsetzen, um danach zu entscheiden, ob die vom DFB gezahlten 6,7 Millionen Euro als Betriebsausgabe anerkannt werden müssen oder die Angeklagten bestraft werden können. Sollte das Urteil zu Gunsten von Zwanziger und Schmidt ausfallen, dürfte für den Fiskus die Rückzahlung der vom DFB für das vermeintliche Steuerdelikt gezahlten Strafe von 22,57 Millionen Euro unausweichlich und mit Zinsen eine Summe von ca. 28 Millionen Euro fällig sein.

Was passiert, ist total offen. Knackpunkt sind aktuell laut Steuerexperten zwei 2007 in den DFB-Büchern eingetragene Positionen über je 6,7 Millionen Euro – beide werden aber von Steuerfahndung und DFB-Finanzspezialisten nur als interne Umbuchung und nicht als Steuerverkürzung bewertet. Alles, was 2005 und 2006 betrifft, ist verjährt.

Trotzdem wird der Prozess nochmals spannend, wenn Niersbach als Zeuge auftritt und eventuell unter Eid aussagen muss. Denn der Beckenbauer-Freund kennt – im Gegensatz zu seinen Nachfolgern Grindel und Keller – durch eigenes Erleben sicher viele Details und Hintergründe der 6,7 Millionen-Euro-Zahlung. Sein Problem: Seit der Einstellung des Verfahrens gegen ihn hat er anders als Zwanziger und Schmidt kein Zeugnisverweigerungsrecht mehr vor Gericht.

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