Sport: Spiel mit Fragen
Hertha sucht in Nürnberg nach Antworten: Reicht es für Platz fünf? Behauptet sich Götz? Bleibt Bastürk?
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Berlin - Er kam, wie er kommen musste. Mit der bei ihm üblichen Aufgeregtheit von außen und der ihm eigenen inneren Gelassenheit. Hans Meyer begann im Januar 2004 als Trainer bei Hertha BSC, als der Klub den 17. Platz der Fußball-Bundesliga innehatte. Statt auf Konditionsübungen setzte Meyer auf Gespräche und Spielchen mit dem Ball. „Wenn du wieder Lust und Liebe und Vertrauen hast, wirst du auch wieder Kombinationsfußball spielen“, sagte Meyer damals.
„Wer weiß, wo der Klub am Saisonende ohne ihn gelandet wäre?“, sagt heute Herthas Kotrainer Andreas Thom, der vor Meyer als Interimstrainer für drei Spiele verantwortlich war. Derzeit kriseln die Berliner wieder. An diesem Samstag trifft Hertha auf den 1. FC Nürnberg (15.30 Uhr, live bei Arena), den Hans Meyer auf den sechsten Platz gebracht hat.
Nach einem Punkt in den vergangenen sechs Ligaspielen und dem Aus im DFB-Pokal ist Herthas Lage zwar nicht mit der Situation 2004 zu vergleichen. Dennoch ist das Spiel für die Berliner vorentscheidend. „Wenn wir da verlieren, sind die Chancen sehr gering, nächstes Jahr international zu spielen“, sagt Herthas Manager Dieter Hoeneß. Sieben Punkte Vorsprung vor den Abstiegsplätzen hat Hertha, doch nach unten blicken die Verantwortlichen noch nicht. Die zweiwöchige Pause hat wieder etwas Ruhe in den Verein gebracht. Trainer Falko Götz wirkt gelassener als vor der Länderspielpause, er lächelt wieder häufiger.
Wie damals Meyer setzt Götz auf Gespräche und Training mit dem Ball. Zwei Tage vor dem wichtigen Spiel ließ er Fußballtennis spielen. Viele Akteure waren ohnehin bei Länderspielen unterwegs oder kurierten ihre Verletzungen aus. Bei Arne Friedrich und Jerome Boateng reichte die Zeit nicht, beide fallen aus. Auf der rechten Abwehrseite wird deswegen voraussichtlich Sofian Chahed spielen, der sich in der Winterpause verletzt hatte. Noch wichtiger ist die Rückkehr von Yildiray Bastürk in die Startformation.
Die Genesung von Bastürk bezeichnet Trainer Götz als wichtigstes Ereignis der zweiwöchigen Pause. Dennoch plant der Klub nur noch kurzfristig mit Bastürk: Der türkische Spielmacher verhandelt bereits mit anderen Vereinen und wird Hertha wohl zum Saisonende verlassen. Offenbar fehlt ihm die Perspektive mit dem jungen Team. Auch vor dem Spiel in Nürnberg ist der 28-Jährige skeptisch: „Wenn man sich die letzten Spiele anschaut, darf man eigentlich nicht vom Uefa-Cup reden.“ Christian Gimenez, der bei Hertha bleiben will, ist optimistischer („Wir schauen immer nach oben“). Doch Dick van Burik, dessen Vertrag jüngst verlängert wurde, weicht bei der Frage nach dem Uefa-Cup schnell aus: „Dazu sage ich lieber nichts.“
Die Zielsetzung der Saison war bislang diffus. „Mittelfristig wird das Ziel ein anderes sein“, sagt Dieter Hoeneß und spricht im Konkurrenzkampf mit Nürnberg von einer „anderen Reihenfolge in absehbarer Zeit“. Noch schützt die Vorgabe der Entwicklung der jungen Spieler die Ruhe – und vor allem Trainer Götz. Auf Grund der Verbindlichkeiten des Vereins von mehr als 40 Millionen Euro kann der Trainer kaum etwas anderes machen, als junge Spieler zu entwickeln.
Sofern Hertha nicht doch noch in den Abstiegskampf rutscht, dürfte Falko Götz bis zum Saisonende Ruhe haben. Die entscheidenden Fragen werden dann sein: Ist es sein Problem, wenn junge Spieler wie Kevin-Prince Boateng noch nicht weit genug sind oder nicht mehr ganz so junge wie Chahed oder Malik Fathi stagnieren? Würde ein anderer Trainer mehr aus dem Team machen? Vielleicht kann man die Fragen nach dem Nürnberg-Spiel besser beantworten.
Stefan Tillmann
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