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Schiedsrichter: immer im Fokus.

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Kolumne: Auslaufen mit Lüdecke: Sprühsahne statt Gerechtigkeit

An diesem Bundesliga-Wochenende standen die Schiedsrichter mit ihren Fehlentscheidungen im Mittelpunkt - und können einem leidtun. Dürften doch auch sie einen Blick auf die Zeitlupe werfen. Wenigstens nur mal kurz.

An diesem Bundesliga-Wochenende standen die Schiedsrichter im Mittelpunkt. Sie gaben Elfmeter und Freistöße, die keine waren (in Hannover) oder gaben sie nicht, wo es angebracht gewesen wäre (in Augsburg). Sie ließen Akteure um sich schlagen und treten, ohne es zu ahnden (in Hamburg), gaben aber gleichzeitig einen Platzverweis für zwei Allerweltsfouls (in Stuttgart). Und dann sitzt beim bekannten Bezahlsender Sky immer der ehemalige Referee Dr. Markus Merk, guckt sich ein paar mal die Wiederholungen an und erklärt dann die Fehler der Kollegen. Eigentlich könnte man sich Dr. Merk sparen, wenn die Schiedsrichter auch mal einen Blick auf die Zeitlupe werfen könnten. Nur mal kurz. Warum eigentlich nicht? Im Grunde genommen können einem die Schiedsrichter leidtun. Alle wissen Bescheid. Die Spieler sowieso, was sie gemacht haben. Die Zuschauer und Reporter auch, denn sie schauen sofort die Wiederholung. Der einzige, der nicht Bescheid weiß, ist der Schiedsrichter.

Und der muss entscheiden. Und das darf dann nachträglich nicht korrigiert werden, auch wenn es alle anderen besser gesehen haben. So entsteht eine eigenwillige Ungleichzeitigkeit. Wir fliegen zum Mond und unsere Autos parken schon von alleine ein, aber die einzige technische Neuerung für die Fußballschiedsrichter ist eine Dose Sprühsahne. Ein Wunder, dass sie eine Uhr benutzen dürfen und nicht die Zeit nach ihrem persönlichen Gefühl abschätzen müssen. Oder dem Stand der Sonne.

Den Fans ginge lebensnotwendiger Gesprächsstoff flöten

Wäre es denn so schlimm, wenn die Schiedsrichter technische Hilfe in Anspruch nehmen würden? Oder zumindest kurz mal anrufen könnten, bei Dr. Merk. Wie er die Sache so sieht?

Das hätte zunächst zwei Konsequenzen. Zum einen dürften Spieler wie Behrami (HSV) nur wenige Minuten mitspielen, was für die Gesundheit seiner Gegenspieler von unschätzbarem Vorteil wäre. Zum anderen bekäme Bayern München weniger Elfmeter. Gleichzeitig ginge den Fans aber lebensnotwendiger Gesprächsstoff flöten. Über einen zu Unrecht gegebenen Elfmeter lässt sich trefflich ein komplettes Wochenende streiten.

Hier stehen also die Werte der Gesundheit und der Gerechtigkeit gegen den Wert der Unterhaltung. Das ist natürlich ein ungleicher Kampf, in unserer Gesellschaft.

Gut, die Schiedsrichter geben ihr Bestes und sind wirklich unparteiisch. Bis auf zwei jedenfalls (Namen der Redaktion bekannt). Können wir das auch von den Spielern sagen? Dass sie ihr Bestes geben? Die des Hamburger Sportvereins zum Beispiel? Im Spiel gegen Dortmund kamen 47 Prozent ihrer Pässe an. Das bedeutet, über die Hälfte der Pässe sind nicht beim eigenen Spieler gelandet, sondern beim Gegner oder sonstwo. Also ich finde, wenn man den Fußballsport beruflich ausübt, aber nur jeden zweiten Ball zum eigenen Mann bringt, dann sind Schiedsrichterentscheidungen noch das geringste Problem.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga

Frank Lüdecke

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