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160 Kilo Wucht. Alex Czerwinski ist 41 Jahre alt, aber Kraft hat er immer noch.

© p-a/dpa

Sumo-Ringen: Die Riesen sterben aus

Die Sumo-Giganten gastieren am Samstag in Berlin – und haben Nachwuchssorgen. Die Zeiten der ganz großen Sumotori, wie die Kämpfer genannt werden, sind vorbei.

Berlin - Ein Blick, ein Schnaufer, dann prallen fast 400 Kilogramm aufeinander. „Das sind riesige Kräfte, die da wirken“, sagt Alexander Czerwinski. „Wenn 180 Kilogramm in deine Richtung schießen, und du passt eine Sekunde nicht auf, dann wird alles dunkel, und du wachst in der Notaufnahme auf.“

Czerwinski muss es wissen. Er ist einer der bekanntesten Sumo-Ringer Deutschlands und eines der Zugpferde des zweiten internationalen Sumo-Bashos, das heute in Berlin-Mitte stattfindet (ab 17.45 Uhr, Franz-Mett-Sporthalle in der Gormannstraße). An dem Turnier nehmen zehn Kämpfer aus der Weltspitze des Amateur-Sumos teil, unter ihnen der zweimalige Schwergewichts-Weltmeister Byambajav Ulambayar aus der Mongolei. Er gewann das erste Berliner Basho vor zwei Jahren. Etwa 160 Kilogramm wiegt Ulambayar, genau wie Czerwinski. „Es waren einmal 230 Kilo“, sagt der Rostocker, „aber da habe ich gemerkt: Das geht gar nicht mehr.“ Immerhin spielt er auch Football für die Rostock Griffins, „Leute wegdrücken, das kann ich“, sagt Czerwinski.

Ohnehin sind die Zeiten der ganz großen Sumotori, wie die Kämpfer genannt werden, vorbei. Der Amerikaner Emanuel Yarborough wog zu seinen schwersten Zeiten 360 Kilogramm, heute wiegen die Kämpfer zwischen 135 und 165 Kilo, „und davon ist nicht viel Fett“, sagt Czerwinski. In den letzten fünfzehn Jahren haben Europäer und Westasiaten den japanischen Traditionssport erobert, vor allem Judoka und Ringer aus den Sportschulen der ehemaligen Ostblockländer. Einer von ihnen war Jörg Brümmer, der 1998 als erster Nicht-Japaner Amateur-Weltmeister wurde. Er brachte den ehemaligen Judoka Czerwinski zum Sumo, gemeinsam besiegten sie 2000 sogar die Japaner und wurden Mannschaftsweltmeister. Doch die Goldene Generation des deutschen Sumos tritt allmählich ab. Das Berliner Basho wird für Czerwinski einer der letzten Kämpfe sein. Er ist 41, und nach diesem Jahr zieht er sich zurück.

Zurück bleiben Nachwuchssorgen. In Deutschland gibt es etwa 200 Sumotori, Frauen und Kinder eingerechnet. In Japan sind es allein in der Schwergewichtsklasse 5000 Kämpfer. „Viele Eltern und Kinder verbinden Sumo mit Dicksein und scheuen die Häme“, sagt der Basho-Veranstalter Reinhard Bunk. Er war zehn Jahre lang Sumo-Nationaltrainer – obwohl er mit 1,66 Meter Größe und 65 Kilo Gewicht eher zu den Kämpfern aufschaute als umgekehrt. „Dabei wäre Sumo gerade für übergewichtige Kinder eine gute Möglichkeit, sich zu bewegen“, sagt Bunk, „denn es ist leicht zu lernen, und man braucht wenig Kondition.“ Nur etwa 30 Sekunden dauert ein Sumo-Kampf, bis ein Kämpfer auf dem Boden oder außerhalb des Ringes landet. Oder in der Notaufnahme.

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