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Sven Hannawald, 40, hat bisher als einziger Athlet alle vier Springen der Vierschanzentournee hintereinander gewonnen. Bei Olympischen Spielen gewann er einmal Gold und zweimal Silber.

© dpa

"Richard Feitags Sieg ist sensationell": Sven Hannawald über die Deutschen bei der Vierschanzentournee

Vierschanzentournee-Sieger Sven Hannawald im Gespräch mit dem Tagesspiegel über Richard Freitag und die deutschen Skispringer im Allgemeinen.

Herr Hannawald, sind Sie unglücklich, dass Sie am Sonntag neben dem Schanzenrekord in Innsbruck auch die Stellung als letzter deutscher Tagessieger bei der Tournee verloren haben?

Natürlich nicht, zumal dieses Springen Werbung war. Ich bin eher traurig, dass es noch nicht vorher mit einem deutschen Tagessieg bei der Tournee geklappt hat. Drauf hatten sie es schon vor zwei, drei Jahren. Der Sieg von Richard Freitag ist sensationell, was er gezeigt hat, einfach super. Auch Severin Freund hat gute Sprünge gezeigt. Ich kapiere nur nicht, warum sie das nicht immer zeigen.

Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe?

Es war ein Fehler, vor der Tournee von Siegen und dem Gesamtsieg zu reden. Wenn es der Trainer macht, ist es ja noch okay. Aber Sportler sollten so etwas nicht tun, das geht meist in die Hose. Natürlich bist du der Oberheld, wenn du vorher einen Sieg ankündigst und dann tatsächlich gewinnst. Aber in dieser Sportart bist du von so vielen Sachen abhängig, die gar nichts mit deiner physischen Leistungsfähigkeit zu tun haben. Zum Beispiel Glück, Wetter oder der Kopf. Und da hatten die deutschen Springer in Oberstdorf und Garmisch ein Problem.

Jetzt hat es endlich mal mit einem Tagessieg geklappt …

Sie haben es endlich mal bei dem Highlight hinbekommen. Natürlich waren Team-Olympiagold und der Weltmeistertitel im Skifliegen von Severin gigantische Erfolge. Aber die Tournee bringt die größte mentale Belastung mit sich. Die Reiserei ist schwierig, das Medieninteresse ist riesig. Da tauchen plötzlich Leute auf und schreiben über Dich, die sonst gar nichts mit der Sportart zu tun haben. Das Paket, das du bei der Tournee bewältigen musst, ist einfach das größte.

Was zeichnet Richard Freitag aus?

Er ist ein großer Stilist. Wenn sein Sprung stimmt, kann er im hohen Weitenbereich perfekte Landungen setzen. Diese Fähigkeit kann entscheiden.

Sie sind beide in Erlabrunn geboren. Wie ist Ihr persönlicher Kontakt?

Ich habe ihn, als er noch seine Fußverletzung hatte, auf einer Fachmesse kennengelernt. Wir verstehen uns gut. Ich freue mich sehr, dass die Ära der erfolgreichen Skispringer aus Erlabrunn fortgesetzt wird: Erst Jens Weißflog, dann ich, jetzt Richard. Das ist schon genial.

Wie bilanzieren Sie diese Tournee?

Das war wieder einmal eine Erfahrungstournee mit dem positiven Effekt des deutschen Tagessieges. Deshalb ist die Bilanz insgesamt positiv, auch wenn die Leistung bei den Springen in Deutschland wieder einmal unbefriedigend war.

Und wann werden Sie als letzter deutscher Tournee-Gesamtsieger abgelöst?

Das kann man nicht seriös vorhersagen, weil man den Stress bei der Tournee einfach nicht trainieren kann. Martin Schmitt war so erfolgreich, und hat es doch nie geschafft, die Tournee zu gewinnen. Daran sieht man, wie schwierig das ist. Man wird aus den Fehlern des diesjährigen Winters lernen und es wieder probieren. Möglich ist ein deutscher Gesamtsieg schon lange. Man darf nur nicht den Sieg vorher ankündigen, sondern muss es einfach passieren lassen.

Lars Becker

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