zum Hauptinhalt
Boris Becker muss sich in London vor Gericht verantworten.

© Hardt/imago images

Update

Tennis-Legende vor Gericht: Boris Becker soll sogar seinen „teuren Ehering“ zum Verkauf angeboten haben

Boris Becker steht er vor Gericht – zum wiederholten Mal. Die Klage gegen ihn: Insolvenzverschleppung. Dem 54-Jährigen drohen bis zu sieben Jahre Haft.

Im Prozess gegen Tennis-Legende Boris Becker wegen Insolvenzverschleppung hat das Londoner Gericht den Verbleib seiner zahlreichen Trophäen untersucht. Die verfügbaren Trophäen seien wegen Beckers Schulden für insgesamt 700.000 Pfund (920.000 Euro) versteigert worden, hieß es in dem Prozess am Donnerstag. Neun Trophäen seien aber unauffindbar gewesen. Zuvor hatte Beckers Anwalt versichert, sein Mandant habe sogar seinen Ehering angeboten, um alle Schulden zu begleichen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Becker vor, in einem Insolvenzverfahren in seiner Wahlheimat Großbritannien Vermögenswerte unterschlagen und Informationspflichten nicht eingehalten zu haben. Ihm drohen bis zu sieben Jahre Haft.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Ein Konkursgericht in London hatte den dreimaligen Wimbledon-Sieger im Juni 2017 wegen unbeglichener Schulden für zahlungsunfähig erklärt. Seine Außenstände wurden damals auf bis zu 50 Millionen Pfund (59 Millionen Euro) geschätzt. Zur Begleichung von Beckers Schulden wurden seine Pokale und Medaillen versteigert.

Beckers Verteidiger Jonathan Laidlaw schilderte, dass es sich bei den Pokalen um Miniaturausgaben von den Trophäen handelt, die die Spieler auf dem Platz überreicht bekommen. Die Auktion habe „etwas um die 700.000 Pfund“ eingebracht. Neun Trophäen fehlten allerdings, darunter zwei von Beckers Wimbledon-Pokalen und eine Olympia-Goldmedaille.

Insolvenzverwalter Mark Ford, der nach eigener Aussage ein „angespanntes“ Verhältnis zu Becker hatte, schilderte vor Gericht, auf die fehlenden Trophäen angesprochen sei Becker „emotional“ geworden. Der Ex-Sportler habe zu ihm gesagt: „Mark, denken Sie, angesichts dessen, dass ich jetzt wegen dieser Trophäen angeklagt werde, dass ich sie Ihnen nicht gegeben hätte, wenn ich Zugang zu ihnen hätte?“

Am Mittwoch hatte Beckers Anwalt dargelegt, bei einem Treffen im Juli 2017 habe sein Mandant seinem Insolvenzverwalter angeboten, „sich in seinem Haus in Wimbledon umzusehen und zu schauen, was vorhanden ist“. Becker habe von sich aus angeboten, dem Insolvenzverwalter einen „teuren Ehering“ zu übergeben, sagte Laidlaw. Auch habe er seine zehn Millionen Euro teure Finca auf Mallorca verkaufen wollen, um seine Insolvenz abzuwenden.

24 Anklagepunkte gegen Becker

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Seit Montag muss sich Becker vor dem Southwark Crown Court in 24 Anklagepunkten verantworten. Unter anderem geht es darum, dass der frühere Tennisspieler versucht haben soll, Geld und Wertgegenstände sowie Immobilien dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen.

Der Prozess wegen Insolvenzverschleppung sollte eigentlich im vergangenen September beginnen, wurde aber auf kommenden Montag verschoben, weil Becker sein Anwaltsteam austauschte. Zunächst sollen die Geschworenen vor dem Southwark Crown Court vereidigt werden.

Prozess für drei Wochen angesetzt

Becker streitet die Vorwürfe ab. Der dreimalige Wimbledon-Sieger und sechsmalige Grand-Slam-Champion plädierte bei einer ersten Anhörung in allen Punkten auf nicht schuldig. Für den Prozess sind bis zu drei Wochen angesetzt.

Vor dem Prozess gab sich Becker zuversichtlich: „Ich bin ein positiv eingestellter Mensch, glaube grundsätzlich immer an das Gute und an die englische Gerichtsbarkeit“, sagte er noch im Februar der „Bild am Sonntag“. Er kündigte an, persönlich zu versuchen, „die Vorwürfe bei jedem der 24 Anklagepunkte widerlegen zu können.“

Ein Konkursgericht in London hatte den dreimaligen Wimbledonsieger im Juni 2017 wegen unbeglichener Schulden für zahlungsunfähig erklärt. Auf bis zu 50 Millionen Pfund (59 Millionen Euro) wurden Beckers Außenstände damals geschätzt.

Obwohl eine Privatinsolvenz in England in der Regel innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen werden kann, dauert das Verfahren seitdem an. Verschiedene Auflagen gegen Becker wurden sogar auf eine Dauer von zwölf Jahren verlängert.

Wieviel Geld der ehemalige Tennis-Star noch zurückzahlen muss und wann das Insolvenzverfahren beendet sein wird, war zunächst unklar. Der „Bild am Sonntag“ hatte Becker gesagt: „Meine Insolvenz läuft unabhängig davon weiter. Sie ist in dem Moment beendet, wenn alles, was einmal mir gehörte, verkauft ist.“

Vielzahl an juristischen Auseinandersetzungen

Die Tennis-Legende hatte bereits wiederholt juristische Schwierigkeiten wegen Geldangelegenheiten. Die spanische Justiz nahm Becker wegen Schulden im Zusammenhang mit seiner Villa auf Mallorca ins Visier, und die Schweizer Justiz, weil er den Pfarrer nicht bezahlt haben soll, der ihn 2009 traute.

2002 hatte ein Gericht in München Becker wegen Steuerhinterziehung von rund 1,7 Millionen Euro zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 500.000 Euro verurteilt. Dieser Prozess wie auch Häme über mehrere gescheiterte Beziehungen des Sport-Stars trugen dazu bei, dass das Verhältnis von „Bumm-Bumm-Boris“ zu seinem Heimatland Deutschland abkühlte und er London als Wohnort wählte.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Dass er bei dem Insolvenzverfahren in Großbritannien erneut gegen geltende Gesetze verstieß, weist Becker jedoch zurück. Bei einer Gerichtsanhörung im Oktober 2020 plädierte er in allen 28 Anklagepunkten auf nicht schuldig. Sein damaliger Anwalt sagte, Becker sei entschlossen, die Vorwürfe zu entkräften und seinen Ruf wiederherzustellen.

Bis Juli 2019 wurden mehr als 80 Gegenstände aus Beckers Besitz versteigert. Dazu zählten Trophäen, Tennisschläger, Fotos, Uhren sowie ein „Bambi“ des Tennis-Stars. Bei der Zwangsversteigerung fehlten allerdings einige wichtige Trophäen, die nicht auffindbar waren.

Diplomatenpass der Zentralafrikanischen Republik sorgte für Aufsehen

Mit dem Erlös in Höhe von rund 765.000 Euro wurde ein Teil von Beckers Schulden beglichen. Im November 2019 wurde verfügt, dass Becker sich noch zwölf weitere Jahre den Insolvenzauflagen der britischen Behörden beugen muss, weil er seine Vermögenswerte nicht vollständig offengelegt habe.

Mit der Verlängerung der Maßnahme bis zum 16. Oktober 2031 solle verhindert werden, „dass Herr Becker seinen Gläubigern weiteren Schaden zufügt“, erklärte die zuständige Insolvenzbehörde.

Für Aufsehen sorgte auch der Vorwurf, Becker wolle einen Diplomatenpass der Zentralafrikanischen Republik nutzen, um sich Vorteile bei dem Insolvenzverfahren zu verschaffen. In dem Verfahren wollte er diplomatische Immunität geltend zu machen, indem er auf seine Funktion als Sport-Attaché der Vertretung der Zentralafrikanischen Republik bei der EU in Brüssel verwies.

[Alle aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg können Sie hier in unserem Newsblog verfolgen.] 

Um den Diplomatenstatus Beckers gab es aber offensichtlich einen Streit zwischen dem Präsidenten und dem Außenminister des afrikanischen Landes. Der damalige Außenminister Charles Armel Doubane erklärte im Juni 2018, der Diplomatenpass sei gefälscht.

Becker wies dies damals in einem „Bild“-Interview als „absurd“ zurück und versicherte zugleich, dass er keine Vorteile aus dem Diplomatenpass bei seinem Insolvenzverfahren ziehen wolle. Der Insolvenzverwalter zeigte sich ohnehin unbeeindruckt von dem Dokument. Nun muss sich Becker in seiner Wahlheimat den Insolvenzverschleppungsvorwürfen stellen. Gelingt es ihm nicht, diese zu entkräften, könnte Deutschlands Tennis-Legende im Gefängnis landen. (dpa, AFP)

Zur Startseite