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Sport: TuS Lichterfelde: Bundesliga-Aufsteiger gerät unter Druck und soll sich schnell entscheiden

Heute oder morgen erreicht ein Brief die Verantwortlichen des gerade in die Bundesliga aufgestiegenen Basketballklubs TuS Lichterfelde, der dort nicht gerade Freude auslösen wird. Denn darin werden die Berliner vom Ligabüro aufgefordert, bis zum kommenden Freitag, 9.

Heute oder morgen erreicht ein Brief die Verantwortlichen des gerade in die Bundesliga aufgestiegenen Basketballklubs TuS Lichterfelde, der dort nicht gerade Freude auslösen wird. Denn darin werden die Berliner vom Ligabüro aufgefordert, bis zum kommenden Freitag, 9. Juni, definitiv mitzuteilen, ob TuSLi nun sein am Sonntag erkämpftes Startrecht in der ersten Liga wahrnehmen wird oder nicht. Nach den Statuten war die Frist bereits am 30. Mai abgelaufen, doch wegen der späten Entscheidung in der Aufstiegsfrage in diesem Jahr wurde nun die Deadline auf den 9. Juni geschoben. Sehr kurzfristig passiert das alles, weil man im Ligabüro eben davon ausgeht, dass ein Team, das in der Aufstiegsrunde mitspielt, ja genau weiß, dass es nach oben möchte.

Dies mag für Oldenburg, den zweiten Aufsteiger in die erste Liga, ja zutreffen, aber TuSLi erwischt man damit auf dem völlig falschen Fuß. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner Alba Berlin wollte man eigentlich in den nächsten Wochen erst einmal abklären, welche Spieler künftig bei Alba und welche bei TuSLi unter Vertrag stehen sollen. Doppellizenzen, die Spielberechtigung für beide Klubs, kann es nicht mehr geben. Diese Möglichkeit besteht nur, wenn die Vereine in unterschiedlichen Ligen spielen. Nach dem Sieg gegen Nürnberg am Sonntag stehen nun beide Klubs in einer Klasse. Damit entfällt ein Pfeiler der so erfolgreichen Kooperation der beiden Klubs, nämlich eine permanente Durchlässigkeit während der Saison. Seit Jahren dient TuSLi als Sammelbecken für junge Talente, die als Stammspieler in der 2. Liga viel Spielpraxis haben, obendrein bei Alba mittrainieren, dort auch mal zum Einsatz kommen und so langsam ans höhere Niveau herangeführt werden. Ademola Okulaja und Jörg Lütcke aus der aktuellen Alba-Mannschaft sind Beispiele für die hervorragende Nachwuchsarbeit im Süden Berlins.

Doch Fragen über Fragen wirft der sportliche Erfolg der jungen Lichterfelder Mannschaft nun auf. Was wird aus den Spielern, die weiterhin bei Alba unter Vertrag stehen (Schultze, Thorwarth, Nikagbatse, Garris), aber zumeist oder nur bei TuSLi spielten? Was geschieht mit bisherigen Doppellizenzlern, deren Vertrag bei Alba ausläuft wie Papic und Maras? Bleiben sie überhaupt in Berlin? Kann Lichterfelde es denn schaffen, eine wettbewerbsfähige Mannschaft für die erste Liga aufzubieten, wenn Alba die besten Jungen abziehen sollte? Wie soll das Abenteuer Bundesliga überhaupt finanziert werden? Bisher trägt Alba Berlin etwa 580 000 Mark vom TuSLi-Etat in Höhe von rund 700 000 Mark. Der Etat müsse für die erste Liga auf etwa eine Million Mark aufgestockt werden, sagt Carsten Kerner, in Personalunion Manager bei Alba und bei TuSLi.

Erst einmal abwarten - das war der Tenor bei den Beteiligten kurz nach dem Aufstieg gewesen. Von Zeitdruck keine Spur. Erst einmal müsse man sehen, was Alba für einen Kader zusammenbekomme, sagte Alba Berlins Präsident Dieter Hauert: "Das kann eventuell sogar zwei Monate dauern." Ob denn nun Freude oder Nachdenklichkeit bei ihm überwiege, wurde Hauert gefragt, während er die sich vor Freude kaum einkriegenden jungen Spieler bei ihrer Sektdusche auf dem Parkett beobachtete. Der Präsident des Deutschen Meisters beschrieb seinen Gemütszustand mit "nachdenklicher Freude".

Die Post vom Ligabüro wird Alba und TuSLi nun noch mehr ins Grübeln bringen. Denn von kurzfristigen Personalentscheidungen bei Alba Berlin kann keine Rede sein. Nicht vor "Ende Juni" sei eine Entscheidung, ob man nun das Startrecht in der ersten Liga in Anspruch nehmen wird, "realistisch", sagte Kerner noch am Sonntag. Er hob immer wieder darauf ab, dass generell die Kooperation zwischen Alba und TuSLi nicht zur Disposition stünde. Wobei es jetzt für Alba zum Schwur kommt. Führt man den bisherigen Weg weiter konsequent fort, leistet sich also ein Team in der ersten Liga, wird alles noch teurer. Doch will der Deutsche Meister in der Zukunft in Europa auch weiterhin eine gute Rolle spielen, muss er versuchen, über gezielte Jugendförderung die Stars von morgen zu "züchten". Weil man nie die finanziellen Möglichkeiten haben wird wie reiche Klubs in Südeuropa, die Millionen für Spitzenspieler ausgeben.

Das Ligabüro macht also Druck, weil ein Rückzug von TuSLi Konsequenzen für viele andere Klubs in nachfolgenden Ligen haben könnte. In Ulm, aber auch in Nürnberg macht man sich schon Hoffnungen, eventuell TuSLi zu beerben. Doch niemand will so lange warten, bis man sich in Berlin entschieden hat. Die Zeit drängt.

Sebastian Arlt

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