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Lille: Uefa ermittelt wegen "Nacht der Schande"

Die Uefa will sich dem Eklat aus der Champions-League-Partie zwischen ManU und OSC Lille annehmen. Nach einem umstrittenen Tor für die Engländer war das französische Team vom Feld gegangen; zudem war es zu Krawallen gekommen.

Lille/London - Alex Ferguson stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben. "So etwas habe ich noch nie gesehen. Das war eine absolute Schande", stammelte der Coach von Manchester United nach der "Nacht, die Europa beschämte" ("The Sun"). Nach dem 1:0-Siegtreffer von Ryan Giggs (83.) hatte Trainer Claude Puel vom OSC Lille seine Mannschaft aufgefordert, das Spielfeld aus Protest zu verlassen, von den Tribünen prasselten Wurfgegenstände nieder. Zuvor war bereits die Polizei mit Tränengas und Pfefferspray gegen Gäste-Fans vorgegangen. Die Uefa leitete am Mittwoch eine Untersuchung der Vorkommnisse beim Champions-League-Spiel in Lille ein, die den 1:0-Sieg des PSV Eindhoven über den FC Arsenal und das 0:0 zwischen Celtic Glasgow und AC Mailand klar in den Schatten stellten.

"Chaos", "Schande", "Entwürdigend" lauteten die Schlagzeilen der britischen Presse. Der Zorn richtete sich einzig gegen die Franzosen: Gegen die Polizei, die viel zu brutal vorgegangen sei, gegen die Anhänger des OSC Lille, die sich "beschämend" als schlechte Verlierer präsentiert hätten und vor allem gegen deren Trainer und Spieler. Wie "kleine weinerliche Babys" ("The Sun") hätten sich "Lilles primitive Loser" verhalten.

Wütender Protest nützt nichts

Stein des Anstoßes war Giggs umstrittenes Freistoßtor aus rund 20 Metern. Während Lilles Torwart Tony Sylva noch am rechten Pfosten seine Mauer dirigierte, schnappte sich Giggs das Leder und zirkelte es in die leer stehende andere Ecke des Tores. Lilles Spieler stürmten auf Schiedsrichter Eric Braamhaar zu und forderten ihn auf, den Treffer nicht anzuerkennen. Puel rief sein Team vom Platz. Kapitän Grégory Tafforeau ging als Erster, weitere folgten. Lille kündigte bei der Uefa einen Protest gegen die Wertung des Spiels an. Sollte der Einspruch tatsächlich bei der Uefa eingehen, wird darüber an diesem Freitag verhandelt.

Ferguson forderte harte Strafen: "Die Uefa muss hart durchgreifen. Ich hatte Angst, da Geschosse geworfen wurden und Gary Neville am Kopf getroffen wurde." Der Trainer von "ManU" warf dem Gegner vor, versucht zu haben, "den Schiedsrichter einzuschüchtern, die Fans aufzustacheln und eine feindliche Atmosphäre zu schaffen". "Ich habe in all den Jahren viel schlechtes Verhalten im Fußball gesehen, aber noch nie so etwas. Das war total falsch", meinte Sir Alex.

ManU macht französische Polizei für Eskalation verantwortlich

Die Uefa kündigte an, vor allem die Ausschreitungen auf den Rängen zu untersuchen. Fernsehbilder lassen vermuten, dass Ordner die Tore geöffnet hatten, um Fans von Manchester United, die Tickets für den Lille-Block hatten, Zugang zu den eigenen Anhängern zu gewähren. Als Zuschauer im offensichtlich überfüllten Gästeblock versuchten, dem Gedränge zu entkommen und über den Zaun zu klettern, setzte die Polizei Tränengas ein. "Das zeigt, weshalb Metallkäfige in englischen Stadien nicht mehr erlaubt sind", schrieb der "Guardian". Manchesters Anhänger machten die Polizei für die Eskalation verantwortlich. "Es gab keinen Grund dafür. Vorne standen Frauen und Kinder. Was ging in den Köpfen der Polizisten nur vor", fragte Fan Peter Evans.

Manchester United hatte vor der Begegnung Sicherheitsbedenken geäußert und erklärt, das Stadion erfülle nicht alle Standards. "Man muss die Uefa fragen, ob sie jetzt endlich was gegen solche Stadien unternimmt", meinte der in Großbritannien für Sport zuständige Minister Richard Caborn in London. Dem OSC Lille drohen nach Einschätzung von Uefa-Sprecher Rob Faulkner harte Sanktionen.

Auch Arsenals Coach Arsene Wenger tobte nach dem 0:1 in Eindhoven - allerdings aus einem anderen Grund. "Es war frustrierend, gegen ein Team zu spielen, das von Beginn an nur auf ein 0:0 aus war", sagte der Elsässer nach seinem 600. Spiel als Trainer. Das goldene Tor von Edison Mendez (61.) aus 25 Metern war unhaltbar für Nationaltorhüter Jens Lehmann, der ansonsten einen ruhigen Abend erlebte. Wenger setzt im Rückspiel ganz auf seinen Keeper: "Wir sind in einer schwierigen Situation, da wir zwei Tore erzielen müssen, ohne eins zu kassieren." (tso/dpa)

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