Sport: Unruhe nach dem Trainerwechsel
BVB kämpft auch neben dem Platz mit Problemen
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Thomas Doll ist bereits der dritte Trainer, den Borussia Dortmund in dieser Saison beschäftigt. Vorher hatten Bert van Marwijk und danach zehn Wochen lang Jürgen Röber erfolglos versucht, mit dem überschätzten Personal das Saisonziel Uefa-Pokal zu realisieren. Mittlerweile steckt der BVB mitten im Abstiegskampf. Das sind die Fakten.
Nun zu den Spekulationen: Noch immer wird im Revier über einen Mann geredet, der vermutlich niemals auf der Dortmunder Bank Platz nehmen wird: Thomas von Heesen. Seit Monaten war hartnäckig kolportiert worden, von Heesen sei sich längst mit dem BVB über ein Engagement ab diesem Sommer einig gewesen. Dem hatte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke stets widersprochen, das letzte Mal am Mittwoch, als Doll der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Doch dann sagte der zurückgetretene Röber dem Tagesspiegel, Watzke habe „von Heesen per Handschlag zugesagt“, und zwar „zu einem Zeitpunkt, als der noch in Bielefeld unter Vertrag stand“.
Durch seine zögerliche Haltung ist von Heesen in Dortmund inzwischen zwar keine Option mehr, doch gut für die Glaubwürdigkeit sind solche Erörterungen ganz sicher nicht. Und für Thomas Doll, der einen auch für die Zweite Liga gültigen Vertrag bis 2008 unterschrieben hat, ist es durch die Debatten schwer, Ruhe in den Klub zu bringen und sich mit den Spielern auf das Tagesgeschäft zu konzentrieren. Auch andere Probleme halten die Dortmunder davon ab, sich ganz dem sportlichen Überlebenskampf zu widmen. Zum Beispiel stehen die Vorwürfe im Raum, die Röber nach seinem Abgang erhoben hat. Zurück in seinem Wohnort Berlin hatte der tief verletzte Trainer die Dortmunder Profis als eine Ansammlung selbstgerechter Arbeitsunwilliger beschrieben.
Leistungsträger wie Kapitän Christian Wörns und die Nationalspieler Christoph Metzelder und Sebastian Kehl kritisierte Röber hart. Inzwischen hat Wörns sich und seine Kollegen gegen die Anschuldigungen in Schutz genommen: „Röbers Angriffe waren unsachlich.“ Er selbst sei krank und verletzt gewesen und habe eine Menge Medikamente geschluckt, „um spielen zu können und dem BVB zu helfen. Sebastian Kehl musste sieben Monate pausieren und Metzelder spielt eine gute Rückrunde.“
BVB-Präsident Reinhard Rauball nimmt die Vorwürfe hingegen ernst: „Ich habe Jürgen Röber als einen sehr ehrlichen Menschen kennengelernt. Ich nehme ihm das erst einmal ab“, sagte er. Und deshalb will sich der Jurist, der sich eigentlich vorgenommen hatte, sich nicht ins operative Geschäft einzuschalten, mit den drei Spielern an einen Tisch setzen und die Dinge klären.
Derweil muss Thomas Doll den Skeptikern beweisen, dass er der richtige Mann für die Profis in schwarz-gelb ist. Schließlich, so geben die Mahner zu bedenken, sei Doll in Hamburg an einer ähnlichen Aufgabe wie der, die er nun in Dortmund bewältigen soll, gescheitert. Vor allem, weil er seinen verwöhnten Stars viel zu viel habe durchgehen lassen. Leichter als an der Alster – das zeigen die letzten Tage – dürfte es im Ruhrgebiet kaum werden.
Neun Spiele sind noch zu absolvieren, lediglich ein Pünktchen trennt die Dortmunder vom Abgrund. Vor der heutigen Begegnung gegen den 1. FC Nürnberg hat Doll erst einmal das Standardrepertoire aller Trainer bemüht, die geholt werden, um eine Mannschaft, die sich im Abstiegskampf befindet, zurück auf Kurs zu bringen: „Egal, wer jetzt kommt“, sagt der 40-Jährige, „wir müssen uns auf uns fokussieren und auf unsere Stärken besinnen.“
Mehr als 80 000 Besucher werden sich heute im größten Stadion der Republik einfinden und sehr genau hinschauen, ob Thomas Dolls Worte bei seinem wankelmütigen Personal auch angekommen sind.
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