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Sport: „Uns fehlen zehn Millionen im Jahr“

Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke über die Last der Vergangenheit bei Borussia Dortmund

Stand:

Herr Watzke, Sie haben in der vergangenen Woche bei Borussia Dortmund mal wieder einen neuen Trainer vorgestellt. So bleibt man im Gespräch, oder?

Ich bin jetzt in der dritten Saison hier, und in dieser Zeit haben wir zwei neue Trainer bekommen. So außergewöhnlich ist das nicht. Außerdem hat Jürgen Röber darum gebeten, ausscheiden zu dürfen. Wir haben nicht einmal eine Auflösungsvereinbarung getroffen.

Dennoch hat die Verpflichtung von Thomas Doll nach nur zehn Wochen Röber für Wirbel gesorgt. Befürchten Sie, dass der BVB als Chaosklub wahrgenommen wird?

Im Vergleich zu den Dingen, die uns vor Jahren beschäftigt haben, sind die jetzigen Vorkommnisse absolut beherrschbar. Dennoch sollte es nicht der Regelfall sein, drei Trainer in einer Saison zu haben. Wir werden in dieser Frage wieder deutlich mehr Kontinuität herstellen.

Viele haben sich gewundert, dass es Thomas Doll geworden ist, der beim HSV in ähnlicher Lage gescheitert war.

Die Tatsche, dass die Hamburger so lange an ihm festgehalten haben, zeigt doch, welche Wertschätzung er dort genossen hat. Ich glaube, dass Thomas Doll in der Öffentlichkeit zu sehr über die Motivationsschiene wahrgenommen wird und zu wenig über die Konzeption, die dahinter steckt. Für mich ist er ein absoluter Konzepttrainer.

Das Dortmunder Umfeld glaubt, dass die Mannschaft einen Schleifer braucht.

Doll ist kein Kumpeltyp. Wenn du die Mannschaft in acht Spielen unten rausführen willst, musst du sie nicht schleifen. Der körperliche Zustand ist einwandfrei, dafür hat Jürgen Röber gesorgt.

Röber hat Ihren Profis im Nachgang ein verheerendes Arbeitszeugnis ausgestellt. Teilen Sie diese Einschätzung?

Aus der Sicht von Jürgen Röber ist sicher einiges nachzuvollziehen. Jetzt hat die Mannschaft die Möglichkeit, seine Aussagen zu widerlegen.

Hat Ihnen Röber mit seiner harschen Kritik einen Gefallen getan, weil die Spieler nun an der Ehre gepackt sind und zudem unter besonderer Beobachtung stehen?

Wenn das ein Nebeneffekt sein sollte, kann es nicht schaden. Wie gesagt: Nun ist die Mannschaft gefordert.

Sie haben sich als Sanierer des BVB einen guten Ruf erworben. Fürchten Sie um Ihre Reputation, wenn Sie die sportliche Talfahrt nicht in den Griff bekommen?

Ich habe die Sanierung von Borussia Dortmund zwar begleitet, mich aber immer als Unternehmer und Fußballer verstanden. Wir haben hier in den vergangenen zwei Jahren eine Erfolgsstory geschrieben, bei der wir zuletzt einen Rückschlag erlitten haben. Wir haben drei starke Partner gefunden, die es überhaupt erst möglich gemacht haben, dass wir 100 Millionen Euro Schulden abbauen konnten. Das schaffst du nicht nur durch harte Arbeit, du brauchst auch Glück.

Ist die jetzige Situation auch eine Spätfolge der Ära des alten Führungsduos Gerd Niebaum und Michael Meier ?

Ich habe die ganze Zeit keine Vorgängerschelte betrieben, doch wenn wir heute nicht noch erheblich an den Lasten der Vergangenheit arbeiten müssten, hätten wir sportlich eine ganz andere Aussagekraft. Wir müssen immer noch Gelder zurückzahlen, die vor Jahren ausgegeben wurden. Uns fehlen daher zehn Millionen oder mehr im Jahr, die wir nicht für die Mannschaft ausgeben können.

Sie müssen weiterhin in erster Linie sparen?

Wir haben den Gehaltsetat innerhalb von zwei Jahren von 57 Millionen auf 26 Millionen Euro gesenkt und allein in diesem Jahr 4,5 Millionen Euro an Transferüberschüssen erwirtschaftet. Der Verkauf von Ewerthon, Rosicky und Odonkor hat uns sportlich geschwächt, doch das war nötig. Sehen Sie sich im Vergleich Schalke an. Die stecken im Jahr mehr als 40 Millionen Euro in ihren Kader. Da können wir derzeit nicht mithalten.

Wann denn wieder?

Mittelfristig – also von 2008 bis 2011 – wollen wir wieder auf Augenhöhe mit Klubs wie Schalke, Werder und Stuttgart sein. Wirtschaftlich sind wir schon jetzt wieder absolut seriös aufgestellt. Nur können wir jetzt noch keine großen Sprünge machen, weil wir bis 2010 noch die Vergangenheit abarbeiten müssen.

Würde ein Abstieg die weitere Gesundung gefährden?

Ein Abstieg wäre ein Rückschlag für das börsenorientierte Geschäft, weil wir uns deutlich auf die Fahnen geschrieben haben, gute sportliche Ergebnisse zu erzielen. Wirtschaftlich könnten wir das durchstehen.

Haben Sie Angst davor, als der Mann in die Geschichte einzugehen, der Borussia Dortmund in die Zweite Liga saniert hat?

Wenn Reinhard Rauball und ich vor zwei Jahren nicht angepackt hätten, würde es Borussia Dortmund heute nicht mehr geben. Insofern würde mich solch ein Vorwurf nicht sonderlich treffen.

Das Gespräch führte Felix Meininghaus

Hans-Joachim Watzk e, 47 , wurde im November 2005 Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. Watzke war bereits zuvor Schatzmeister des Fußballklubs.

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