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Stand den ganzen Sommer über im Fokus: Nationalstürmer Nick Woltemade. (Archivbild)

© Rolf Vennenbernd/dpa

Vor Debüt für Newcastle: Woltemade: So erlebte der Stürmer den Wechsel-Wirbel

Für Nick Woltemade beginnt das Abenteuer Premier League. Zuvor spricht der Nationalspieler über seinen turbulenten Sommer, den Knallhart-Kurs des VfB Stuttgart - und die Höhe seiner Ablösesumme.

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Sein Wechsel elektrisierte Fußball-Deutschland. Nach der Transfer-Saga des Sommers könnte Nick Woltemade am Samstag sein Debüt für Newcastle United geben. „Die Premier League ist die beste Liga der Welt, dazu spielen wir in der Champions League. Ich bin Teil davon. Wie geil ist das denn?“, sagte der 23-Jährige vor dem Duell mit den Wolverhampton Wanderers der Deutschen Presse-Agentur. Woltemade ist voller Vorfreude. Nach Wochen voller Wirbel. Und einem Poker mit kaum noch für möglich gehaltener Wende.

Bis zu 90 Millionen Euro soll Woltemade seinem neuen Club wert gewesen sein, war medial bislang kolportiert worden. „Auch wenn es am Ende nicht 90, sondern 75 Millionen waren, ist es natürlich schon verrückt“, sagte der Stürmer selbst auf die Frage, wie sich das anfühle. „Wir Spieler suchen uns unseren Preis nicht aus. Von daher ändert es für mich persönlich nicht viel.“

Der ehemalige Profi des VfB Stuttgart weiß aber auch: „Die Öffentlichkeit schaut natürlich anders hin, wenn an uns Spielern so ein Preisschild hängt.“

Mediale Dauerpräsenz wird zur Belastung

Sympathieträger, Shootingstar - und plötzlich Sündenbock? Woltemade bildet vieles von dem ab, was den modernen Fußball so ausmacht. Er ist knapp zwei Meter groß, ein begnadeter Techniker mit Torinstinkt, er hat eine gute Ausstrahlung und steht auf lässigen Freizeitlook. 

Und inzwischen hat er eben einen millionenschweren Vertrag bei einem Club, der mit Geld aus Saudi-Arabien den Markt aufmischt. Es verwundert nicht, dass die Causa Woltemade rauf und runter diskutiert wird - sei es am Stammtisch oder im Fernsehstudio.

Leicht sei die mediale Präsenz über den Sommer hinweg für ihn nicht gewesen, sagte Woltemade. Er habe sein Handy „so weit es geht zur Seite gepackt und einfach probiert, nicht so viel über mich zu lesen“, erklärte er. Dabei verging kein Tag ohne neues Update. Bis hin zur finalen Wende im Wechselpoker. Sah es nach dem geplatzten Transfer zum FC Bayern München schon nach einem Verbleib beim VfB aus, ging es auf den letzten Drücker noch nach England.

Pfiffe in Köln - Schutz von Kollegen

Nicht zuletzt die astronomische Summe, die bei seinem Wechsel über den Tisch ging, hat den Nationalspieler nach seinem steilen Aufstieg noch mehr ins Rampenlicht gerückt. Als er bei seiner Auswechslung im WM-Qualifikationsspiel gegen Nordirland (3:1) in Köln am Sonntag von Teilen der Fans ausgepfiffen wurde, bekam Woltemade das zu spüren. Er könne mit solchen Reaktionen nichts anfangen, sagte Teamkollege Nadiem Amiri. Man solle sich mal in Woltemades Lage hineinversetzen, meinte der Profi des 1. FSV Mainz 05.

„Ihn belastet das Gesamtpaket“, sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler, der die Pfiffe ebenfalls kritisierte, im Podcast „Spielmacher“ von „360Media“ über den Angreifer. Die Summe, das „Theater“ um seinen Wechsel - all das spiele mit rein. Dennoch, so glaubt Völler, werde sich Woltemade auf der Insel behaupten.

Lahm mit Zweifeln

Deutlich kritischer sieht 2014-Weltmeister Philipp Lahm den Wechsel. Er zweifelt, ob Woltemade die hohe Ablösesumme wert ist. „Der Transfer ist Roulette“, schrieb der 41-Jährige, der den VfB sportlich berät, in einer „Zeit“-Kolumne. Woltemade sei „unberechenbar“, lebe von „seinem Freigeist und seinem Selbstbewusstsein“ und scheine das Spiel als Stürmer „neu erfinden“ zu wollen. „Die Eigentümer aus Saudi-Arabien sowie das Management des Vereins sind neu im Geschäft“, schrieb Lahm. „In Goldgräberstimmung macht man Fehler und glaubt an Wunder.“

Auch in Newcastle wird Woltemade über dem Trikot mit der Nummer 27 diesen imaginären Rucksack tragen. Mit jedem Tor wird er etwas leichter, mit jeder vergebenen Chance etwas schwerer. Der Grat zwischen Gunst und Missgunst ist schmal - doch Woltemade auch nicht der erste Stürmer, der darauf wandelt.

Harter VfB-Kurs „nicht immer ganz so einfach“

Dass ihm so mancher Stuttgarter Fan den schnellen Abschied nach nur einem Jahr trotz vereinsinterner Rekordablöse übelgenommen hat, kann Woltemade laut eigener Aussage „absolut“ verstehen. Es liege ihm „viel daran, die Unterstützung der Fans nicht zu verlieren“, und daher hoffe er, „dass speziell die VfB-Anhänger diesen Schritt mit der Zeit nachvollziehen können.“

Auch der harte Kurs der VfB-Bosse, die ihn lange nicht ziehen lassen wollten, sei „nicht immer ganz so einfach“ für ihn gewesen, so Woltemade. „Deswegen war es umso wichtiger, dass in der Kabine alles normal gewesen ist.“

Jetzt, nach all den Emotionen, geht es erst mal wieder ums Sportliche: Tore zu schießen, Spiele und Titel zu gewinnen, sich für eine mögliche WM-Teilnahme im nächsten Jahr zu empfehlen. „Ich freue mich sehr über den neuen Abschnitt in meinem Leben“, sagte Woltemade. „Eine geile Aufgabe, die ich meistern und auch ein Stück weit genießen will.“ Nach einem Sommer voller Turbulenzen.

© dpa-infocom, dpa:250912-930-29233/1

Das ist eine Nachricht direkt aus dem dpa-Newskanal.

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