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Woods

© dpa

Golf: Warnung vor dem Platz

Favorit Tiger Woods trifft bei den US Open im Golf auf einen tückischen Untergrund. Dennoch hat der Weltranglistenerste seinen 15. großen Titel fest im Visier.

Vier Männer sitzen auf der Ladefläche ihres Trucks und ziehen sich Golfschuhe an. Dann schultern sie ihre Golfbags und gehen Richtung Klubhaus. Dort erwartet sie kein extravagantes Gebäude, kein exklusiver Shop, kein freundliches, um Service bemühtes Personal. Stattdessen formen Holzgeländer ein paar Reihen, in denen sich Golfer hinter Golfer stellt, um das Greenfee für die Runde zu bezahlen.

Willkommen im Bethpage State Park auf Long Island. Hier wird Golfspielen für jedermann praktiziert. „Pay and play“ lautet das Motto, 300 000 Runden werden pro Jahr auf insgesamt fünf Plätzen gespielt, die nichts sagende Namen wie „Grün“ oder „Gelb“ tragen. Einer dieser Kurse genießt einen Sonderstatus. Er heißt „Black“, Schwarz, und ist bekannt als tückischer Untergrund. „Warnung“, liest man auf dem Schild, das am Weg zum ersten Abschlag steht, „der Black-Kurs ist ein extrem schwieriger Platz, den wir nur extrem guten Golfern empfehlen.“ Daran dürfte es zumindest in dieser Woche nicht mangeln. Die US Open, das zweite Major-Turnier des Jahres, findet zum zweiten Mal nach 2002 in Bethpage statt. Weshalb auf dem Parkplatz vor dem Klubhaus nicht mehr die Trucks, sondern die Nobelkarossen der Herren Tiger Woods und Kollegen stehen.

An anderen Tagen übernachten vor dem Klubhaus die Golfer in ihren Autos, um am nächsten Morgen eine der begehrten Startzeiten zu ergattern. „Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, das zu tun, nur um eine Runde Golf spielen zu können“, sagt Ex-US-Open-Champion Jim Furyk, „aber daran erkennt man, welch besondere Anlage dies für die Menschen ist, die hier leben, und wie gut der Golfplatz ist.“

Immer dann, wenn es um die Stimmung der Amerikaner nicht allzu gut steht, ist Bethpage zur Stelle: Während der Großen Depression um 1930 fanden hier tausende von Menschen einen Job, weil ein Golfplatz überarbeitet wurde und drei weitere 18-Löcher-Plätze dazu gebaut wurden. 2002 war der Schmerz der Anschläge vom 11. September in New York City noch allgegenwärtig, als die US Open den Fans Auftrieb brachten. „Ich glaube, damals suchte die ganze Stadt nach irgendetwas, was sie umarmen konnte, nur um selbst aus dieser ganzen Szenerie raus zukommen. Die US Open waren diese Veranstaltung“, sagt Tiger Woods. Er siegte damals mit 277 Schlägen vor Phil Mickelson. „Ich habe damals gut gespielt und gewonnen, aber die bleibende Erinnerung dieser Veranstaltung war die Woche an sich“, sagt der Ausnahme-Golfer. „Kaum zu glauben, wie viele Danksagungen wir Spieler bekommen haben: Danke, dass Ihr gekommen seid, um New York zu unterstützen.“

Jetzt ächzt die Metropole unter der Finanzkrise. Und wieder kommen die US Open den sportbegeisterten New Yorkern als Ablenkung gelegen. Unter den Spielern aber sind diese Fans fast ein wenig gefürchtet. Auf dem Golfplatz von Bethpage wird es von heute an zugehen wie im Football-Stadium. Es wird gebrüllt, geklatscht, und gepfiffen. Der Spanier Sergio Garcia, auch diesmal einer der Favoriten, geriet 2002 in Probleme, nachdem er vor jedem Schlag mehrmals seinen Griff geändert hatte. Schon am zweiten Tag begannen die Zuschauer am Rande der Spielbahnen die Griffänderungen laut mitzuzählen – das Nervenkostüm des Spaniers war schnell zerrüttet.

Männer wie Phil Mickelson oder Tiger Woods dagegen leben auf in der begeisterten Menge. Da werden Hände geschüttelt, Autogramme verteilt, Schultern geklopft. Dass Woods nach seinem überragenden Sieg beim Memorial Turnier vor zwei Wochen der Favorit schlechthin ist, steht außer Frage. Genau ein Jahr, nachdem er sich seinen letzten Major-Titel im Play-off über 18 Löcher bei den US Open in Torrey Pines gegen Rocco Mediate mit einem kaputten Knie sicherte, hat der Weltranglistenerste seinen 15. Major-Titel fest im Visier.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ihm ein Europäer den Titel streitig macht, ist eher gering. Dem Briten Tony Jacklin gelang zuletzt 1970 ein Erfolg bei diesem Major, das für die Amerikaner die weit wichtigere Veranstaltung ist als das US Masters in Augusta. Martin Kaymer jedenfalls, dem einzigen Deutschen im Feld, werden noch nicht einmal Außenseiterchancen eingeräumt.

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