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Rivalen der Rennbahn. Lewis Hamilton (links) und Nico Rosberg haben sich gerade nicht viel zu sagen. Foto: Reuters

© dpa

Formel 1: Warum Rennfahrer nie Freunde werden können

Nach dem Wut-Gipfel in Monaco hat Lewis Hamilton seinem Teamkollegen Nico Rosberg die Freundschaft gekündigt. Für Mercedes-Teamchef Toto Wolff sind seine Piloten wie Männer, die um dieselbe Frau kämpfen.

Von Christian Hönicke

Toto Wolff verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte wie ein glücklicher Vater. „Kommen Sie mal in vier Stunden wieder, wenn ich ein paar Bier hatte“, sagte der Mercedes-Motorsportchef nach dem Doppelsieg seiner Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton beim Formel-1-Rennen von Monaco. Doch auch ohne Alkohol kam Wolff kurz darauf schnell in Philosophierlaune.

Mehr als eine halbe Stunde lang gab der Österreicher bereitwillig Einblick in die Köpfe seiner Fahrer, deren Zwist rund um das Rennen offen ausgebrochen war. Nach dem umstrittenen Verbremser Rosbergs in der Qualifikation, durch den sich der Brite behindert und um die Poleposition gebracht fühlte, würdigten sich die Stallrivalen keines Blickes mehr. Hamilton verweigerte dem Sieger Rosberg gar die Gratulation.

Rosberg und Hamilton sind verschiedene Charaktere

Toto Wolff, früher selbst Rennfahrer, mochte daran nichts Außergewöhnliches finden. „Wenn zwei Männer um dieselbe Frau kämpfen, dann mögen sich diese beiden nach einiger Zeit nicht mehr“, sagte Wolff. „Die beiden kämpfen um dieselbe Sache, dieselbe Frau – also den WM-Titel. Um diesen Pokal am Ende der Saison in der Hand zu halten, gehst du sehr weit.“ Er glaube, dass Rennfahrer genau deshalb nie Freunde sein könnten. „Nico und Lewis sind Kollegen, Gegner. Und auf der Strecke sind sie Feinde.“ Es sei interessant, diese Dynamik zwischen den beiden beobachten zu können. „Wie sie auf einmal nicht mehr miteinander reden, sich nicht die Hand geben. Aber das ist 100 Prozent normal.“

Dann philosophierte Wolff noch ein wenig über die unterschiedlichen Charaktere, die von linker oder rechter Hirnhälfte dominiert würden. So gebe es strukturierte Typen wie Rosberg und kreative Geister wie Hamilton. „Man braucht beide Pole, um in einem Unternehmen erfolgreich zu sein.“

Streithähne sollen Eskalation tunlichst vermeiden

Auf Wolff kommt nun die Aufgabe zu, seine Yins und Yangs so zu führen, dass sie dem Unternehmen am Ende nicht schaden. So machte man bei Mercedes die interessante Beobachtung, dass sich das freie Spiel der Kräfte bremsend auf die Dominanz der Silberpfeile auswirken könnte. Weil sich Rosberg und Hamilton in Monte Carlo von Beginn an beharkten, hatten beide am Ende mit knappen Ressourcen zu kämpfen. Rosberg ging der Sprit zur Neige, Hamilton sah sich wegen seiner abbauenden Reifen sogar den Angriffen des Red-Bull-Piloten Daniel Ricciardo ausgesetzt.

Wolff ließ durchblicken, dass man daher künftig von Fall zu Fall entscheiden müsse, ob und wann man Rosberg und Hamilton zu ihrem eigenen Wohl einbremsen müsse. Das galt auch für den äußersten Fall, einen Unfall. Die Verantwortlichen hatten den beiden Streithähnen vor dem Rennen in Monte Carlo eingebläut, das tunlichst zu vermeiden. „Nico und Lewis sind manchmal wie zwei Teenager, die ihre Grenzen austesten. Manchmal muss man sie vorsichtig schütteln, um sie wieder auf Kurs zu bringen“, sagte Teamchef Wolff. Besonders Lewis Hamilton bekam nach seinem Vergleich mit der berüchtigten Stallfehde zwischen Ayrton Senna und Alain Prost, die in Unfällen mündete, offenbar den Kopf gewaschen.

„Lewis hat das Beispiel Senna gegen Prost genannt. Das ist über 20 Jahre her. Heutzutage ist die Situation anders.“ Michael Schumacher habe man nach seinem Rammstoß 1997 gegen Jacques Villeneuve alle WM-Punkte gestrichen. „Das sollte kein Pilot mehr riskieren“, sagte Toto Wolff. Für den Fall, dass seine Jungs diese Warnung nicht verstanden haben, wurde Wolff noch deutlicher. Wenn sich beide auf der Strecke nicht benehmen könnten, „müssten wir intervenieren. Und das heißt Stallorder.“

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