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Sport: Wenn der Brasilianer ein Problem hat, hat auch sein Trainer eines

Warum er denn Alex Alves ausgewechselt habe, wurde Jürgen Röber kürzlich gefragt. Weil er ganz schwach war, hätte die Antwort heißen müssen.

Warum er denn Alex Alves ausgewechselt habe, wurde Jürgen Röber kürzlich gefragt. Weil er ganz schwach war, hätte die Antwort heißen müssen. Hieß sie natürlich nicht. Weil, so der Hertha-Trainer, in diesem Spiel gegen den HSV viele Flanken von den Außenpositionen geschlagen wurden, und da sei Ali Daei mit seiner Kopfballstärke der bessere Mann gewesen.

Das Problem Alves ist auch ein Problem für Röber. Als Ivica Olic einst bei seinem Debüt mehr über seine eigenen Beine stolperte, wurde er schnell ausgemustert. Mit einem Brasilianer, mit 15 Millionen Mark der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte, verfährt man natürlich nicht so. Zumal, da sind sich alle einig, Geduld aufgebracht werden muss mit einem, der unter ungewohnten Bedingungen Zeit zur Anpassung benötigt. Doch das Dilemma für Röber beginnt spätestens dann, wenn auch Alves über seine eigenen Beine stolpert und auf den Rängen das Grummeln beginnt. Den (noch) unausgesprochenen Wunsch des Volkes nach der Auswechslung erhören oder Alves weiter die Chance zur Bewährung geben? Röber im Zwiespalt der Gefühle.

Umso mehr, wenn der vermeintliche Star schmollt, weil er sich verkannt fühlt. In vier Spielen dreimal ausgewechselt - das zehrt am Selbstbewußtsein. So stolpert Alves - übereifrig und übermotiviert - dann weiter über den Rasen, schießt sich selbst an, fällt immer wieder hin. Wer fühlt da nicht mit ihm. "Die Presse fordert zu viel von ihm. Man tut ihm auch keinen Gefallen damit, ihn immer wieder mit anderen Brasilianern in Deutschland zu vergleichen", sagt sein Manager Nilson Maldaner. Und weiter: "Alex Alves war in Brasilien meist in der zweiten Halbzeit stark, weil er eine sehr gute Kondition hat." Am Freitagabend konnte er es nicht mehr beweisen.

Geschmollt haben soll er diesmal nicht ob seiner Auswechslung. Sagt der Trainer. Sagt auch der Manager. Doch, fragt Letzterer, "die anderen waren in der ersten Halbzeit auch nicht besser. Warum musste gerade Alex Alves weichen?" Überhaupt: Warum klappe es denn nicht mit den Doppelpässen? In Brasilien spiele man dauernd Doppelpässe. Alves sei ein Spezialist dafür. Sind etwa die anderen schuld, die Preetz, Deisler und Wosz? Der Vorwurf hängt in der Luft. Verstehen würde ihn keiner.

Apropos verstehen. Wenn er, der Alves, doch wenigstens mit seinen Kollegen kommunizieren könnte, in der Kabine und auf dem Rasen. "Er kann kaum ein Wort Deutsch, wir können kaum ein Wort Portugiesisch. Also versucht er es mit Händen und Füßen", sagt Rob Maas, der Niederländer. Sein Tip: "Jeden Tag die deutsche Sprache üben." Macht er ja, sagt sein Manager. Fast jedenfalls. Mindestens vier Mal in der Woche, selbst gestern, am Sonntag. Ein Landsmann aus Recife, des Deutschen längst mächtig, nimmt sich seiner an.

Da wäre auch noch das Wetter. Alves kommt aus einer heißen Region Brasiliens, wo 30, 40 Grad an der Tagesordnung sind. Welch Gräuel muss es da für ihn sein, dieses Schmuddelwetter hier in dieser tristen Jahreszeit. Von wegen. "Alex Alves hat zu meiner großen Überraschung gesagt, das Wetter hier mache ihm gar nichts aus. Auch nicht, als es neulich in Rostock stürmte und regnete", sagt Maldaner. Hatte Alves nicht auch bei seiner Ankunft verblüfft, als er übersetzen ließ, er spiele lieber bei Kälte als bei Hitze?

Wäre das Problem mit der Unterkunft. Noch wohnt Alves mit Frau und Tochter im Hotel. Doch in den nächsten Tagen will er eine Wohnung im Grunewald beziehen. Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Eingewöhnung.

Bliebe dann noch das Problem: Wie wird Alex Alves bei Hertha zum Sturm-Ass? Mal vorausgesetzt, Jürgen Röber, Dieter Hoeneß und all die anderen Späher haben sich drüben in Brasilien nicht geirrt. Dann heißt es weiter, Geduld zu haben. Und für Röber, mit dem Problem zu leben. Das kann ihm keiner abnehmen.

Klaus Rocca

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