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Wiese

© dpa

Uefa-Cup: Werder verpasst die große Chance

Der letzte Sieger in der Geschichte des Uefa-Cups kommt aus der Ukraine. Im Finale von Istanbul besiegte Schachtjor Donezk ein enttäuschendes Team von Werder Bremen 2:1 (1:1, 1:1) nach Verlängerung.

Vor gut 40.000 Zuschauern im nicht ganz ausverkauften Sükrü-Saracoglu-Stadion schoss der Brasilianer Jadson in der 98. Minute das Siegtor. Zum Schrecken der Bremer trudelte der Ball über die ausgestreckten Hände von Werders Torhüter Tim Wiese über die Linie. Auch die beiden anderen Tore entsprangen brasilianischer Wertarbeit. Luiz Adriano hatte Donezk in der ersten Halbzeit in Führung geschossen, Werders Abwehrchef Naldo mit einem kuriosen Freistoßtreffer den zwischenzeitlichen Ausgleich geschafft.

Werder verpasste in Istanbul die große Chance, als sechste deutsche Mannschaft den Wettbewerb zu gewinnen, der in der kommenden Saison mit leicht verändertem Modus und dem neuen Namen Europa League fortgesetzt wird.

Planlos, unstrukturiert und uninspiriert

Ein würdiger Sieger wären die Bremer ohnehin nur bedingt gewesen, aber wer hätte danach schon im Falle eines Erfolges gefragt? Werder Stärke in diesem Finale war eine Effizienz, wie sie Hertha BSC in der Bundesliga auszeichnet. Nur hat man die Berliner in dieser Saison selten so planlos, unstrukturiert und uninspiriert gesehen wie Werder am Mittwoch. Nie ist die Abhängigkeit des Bremer Spiels vom Regisseur Diego so deutlich gewesen wie in diesem Uefa-Cup-Finale, das der Brasilianer bekanntlich wegen einer Sperre verpasste. Mesut Özil, der aus halblinker Position Esprit auf den Platz zaubern sollte, war heillos überfordert. Ansonsten bestand Werders Team nur aus braven Arbeitern und einem lange Zeit guten Torwart, und das ist für ein Uefa-Cup-Finale einfach zu wenig. Eine einzige Enttäuschung war Werders Nationalspieler Torsten Frings, der auch in seinem dritten großen Finale nach der Weltmeisterschaft 2002 und der Europameisterschaft 2008 leer ausging.

Im starken Kontrast dazu stand das Spiel der Ukrainer, die im eigentlichen Sinne keine Ukrainer waren, sondern eine osteuropäisch verstärkte brasilianische Mannschaft. Trainer Mircea Lucescu hatte überraschend alle fünf Brasilianer aufgeboten, und die hatten sichtlich Spaß, obwohl ihnen der kühle, vom Marmarameer herüberwehende Wind eher nicht behagt haben dürfte. Der überragende Mann auf dem Platz war denn auch kein Brasilianer, sondern Schachtjors kroatischer Offensivverteidiger Dario Srna.

Sturmlauf der Ukraino-Brasilianer

Luiz Fabiano, der einzige Stürmer, hätte früh das 1:0 machen können, schoss aber nach grausamem Stellungsfehler in der Bremer Abwehr geradezu fahrlässig am linken Pfosten vorbei. Da wurde zum ersten Mal sichtbar, wie schlecht die Bremer Innenverteidigung mit Naldo und Sebastian Prödl harmonierte.

Fatale Folgen hatte das bei Schachtjors Führungstor nach 25 Minuten. Nie und nimmer hätte der Pass von Razvan Rat seinen Weg in den Strafraum finden dürfen. Doch Naldo und Prödl standen auf einer Linie, zwischen ihnen stahl sich Luiz Adriano davon, der den Ball elegant über Werders Torhüter lupfte.

Diese Führung war vollauf verdient, und wenn abermals Luiz Adriano seine nächste Großchance zum 2:0 genutzt hätte, wäre das Spiel schon denkbar früh entschieden gewesen. So aber kam Werder zurück, und wie. Zehn Minuten waren noch zu spielen in der ersten Halbzeit, da streckte Fernandinho Werders Schweden Markus Rosenberg 25 Meter vor dem Tor nieder. Freistöße aus dieser Distanz sind bekanntlich eine Sache für Naldo, und von dessen Schussstärke wohl allein Schachtjors Torhüter Andrej Pyatow noch nichts gehört hatte. Er wollte Naldos hart, aber unplatziert getretenen Schuss locker fangen – und ließ den Ball über die Fingerspitzen ins Tor rutschen. Es war Werders erster Schuss aufs Tor.

Einen Augenblick nur hielten die Ukraino-Brasilianer irritiert inne, dann setzten sie ihren Sturmlauf fort. Bevorzugt über Werders schwache linke Abwehrseite trug Donezk seine Angriffe vor, und oft verhinderte allein Schachtjors allzu verspielte Stil eine erneute Führung des ukrainischen Meisterschaftszweiten.

Dazu parierte Wiese gut bei einem kunstvoll gezirkelten Freistoß von Jadson, mit dem Donezk die zweite Halbzeit eröffnete. Werder fand langsam einen Rhythmus, was auch daran lag, dass Trainer Thomas Schaaf seinen Künstler Özil ein wenig zentraler spielen ließ. Die Bremer verbreiteten immer noch keinen Glanz, aber sie fügten sich endlich einer taktischen Disziplin und nahmen Schachtjor den Spaß am Fußball.

Folgenschweres Missgeschick von Wiese

Das Spiel verlor an Niveau und lebte fortan allein vom Pokalcharakter. Eine Viertelstunde vor Schluss hätte Werder beinahe das zweite Tor erzielt, aber bei Claudio Pizarros Kopfball reagierte Pyatow weitaus geistesgegenwärtiger als bei Naldos Freistoß.

In der Verlängerung durfte sich Werder zunächst bei Torhüter Wiese bedanken, der gut gegen Srna klärte. Dann aber, es war 23.47 Uhr türkischer Zeit, unterlief Wiese das folgenschwere Missgeschick. Abermals hatte Srna sich auf dem rechten Flügel durchgesetzt. Seine flache Eingabe nahm Jadson direkt, Wiese hatte die Hände noch dran und ließ den Ball doch über die Linie trudeln. Im Gegenzug hätte Pizarro beinahe noch den Ausgleich geschafft, kurz vor Schluss traf er tatsächlich, allerdings mit Hilfe eines Fouls. Dann war Schluss, Schachtjor jubelte, und Werder muss alle Hoffnung auf eine gutes Ende einer eher missratenen Saison auf das DFB-Pokalfinale in zehn Tagen in Berlin setzen. Dann geht es gegen Bayer Leverkusen, auch eine Mannschaft, die auf zweite Plätze abonniert ist. Und vorher könnten die Bremer noch einen Ersten verhindern. Den VfL Wolfsburg, der am Samstag im Heimspiel gegen Werder noch einen Punkt braucht zum Gewinn der Deutschen Meisterschaft.

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