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Sport: Wo ist Simak?

Hannover sucht seinen Spielmacher und regt sich nicht einmal über ein Lauterer Abseitstor auf

Kaiserslautern. Der Fußballlehrer Ralf Rangnick gehört zur Minderheit seines Metiers, weil er keiner jener Leute ist, die stets und alles in der Branche schönreden wollen. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass der ehemalige Pädagoge für Sport und Englisch ein Seiteneinsteiger in der Bundesliga ist. Rangnick hat am späten Samstagnachmittag die 95 Minuten zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und Hannover 96 im Fritz-Walter-Stadion jedenfalls in jenem Ton geschildert, den er als Spieler und später Trainer aus der Verbandsliga und von den Sportplätzen in Backnang oder Rommelshausen gepflegt hat. „Es war ein Grottenkick“, sagte Rangnick, „ein Spiel zum Einschlafen und, wenn selbst der Assistent an der Seitenlinie einschläft, bekommst du so ein Tor.“

Denn beim Treffer des Tages stand Klose regelwidrig im Abseits und unter korrekten Bedingungen hätte Hristow die Flanke gar nicht mehr auf den Kopf seines Mittelstürmers schlagen dürfen. Drei Minuten zuvor nämlich war der Bulgare Hannovers Griechen Konstantinidis mit beiden Händen an den Hals gegangen – eine Attacke, die mit einer Roten Karte geahndet werden muss. Erstaunlicherweise zielte Rangnicks Ärger kaum auf den Doppelfehler der Unparteiischen. „Wenn es am Betzenberg brennt, kippen die Schiedsrichter“, stellte er ganz nüchtern fest. Das passiert halt so in dieser aufgeladenen Atmosphäre, da kann einer den Durchblick verlieren. Rangnick jedoch vielmehr, dass sich seine Mannschaft schon nach einer Viertelstunde „herunterziehen ließ auf deren Niveau“.

Der 1. FC Kaiserslautern war in diesen Augenblicken dran, endgültig abzuschnappen in die Abstiegszone; umgekehrt schien sich Internazionale Hannover (mit Torwart Ziegler lief nur ein einziger deutscher Profi auf) als neues Mitglied in den Top Five der Bundesliga zu etablieren. Für Rangnick war klar, dass dies nach Stajners Pfostenschuss auch passiert wäre, „mit Jan Simak hätten wir die abgeschossen“. Zu diesem Zeitpunkt aber war der gefährlichste Spieler von Hannover noch immer verschollen, irgendwo in Tschechien.

Offensichtlich aber befand sich das komplette Ensemble der 96er in Gedanken mit dem Arbeitskollegen auf der Flucht. „Seit Dienstag haben wir gerade mal vier Minuten über Fußball geredet“, berichtete Rangnick, ansonsten ging es nur noch ums Schicksal des vermissten Stars. „Ich mache mir Sorgen um Jan und seine Gesundheit, weniger um den Fußballer als um die Person“, sagte Konstantinidis. Rangnick glaubt, dass der von Bayer Leverkusen ausgeliehene Spieler schon sehr bald in Hannover auftauchen wird. Er könne sich die Boulevard-Geschichte, wonach Simak finanziell ausgesorgt habe und nun in Prag ein Bistro eröffnen wolle, beim besten Willen nicht vorstellen. Rangnick: „Sonst ist er nicht nur als Spieler, sondern auch als Mensch erledigt. Jan besitzt Arbeitsverträge mit Bayer Leverkusen und Hannover 96. Beide Klubs werden nicht zulassen, dass er da einfach wegläuft.“

Martin Hägele

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