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Den Degen noch fest im Griff. Als Elmar Borrmann 1983 Weltmeister wurde, war mehr als die Hälfte der Teilnehmer beim heute beginnenden Turnier Weißer Bär noch nicht einmal geboren. Foto: p-a/dpa
© picture-alliance / dpa

Fechten: Zwei Altmeister wollen es wissen

Die Zwillinge Elmar und Igor Borrmann fechten heute beim Degenturnier Weißer Bär. Ihre Konkurrenten sind dabei 30 Jahre jünger.

Berlin - Er freue sich, eine große Familie zu treffen, sagt Elmar Borrmann. Und damit meint der 54-Jährige nicht nur seine in Berlin lebende Tochter und Zwillingsbruder Igor Borrmann. Bevor er sich heute Abend mit ihnen zum Essen trifft, begegnet er der internationalen Fechtfamilie. „Ich will wissen, wo ich noch stehe“, sagt der Altmeister, der seine Karriere 1999 nach der Weltmeisterschaft in Südkorea offiziell beendet hat. Gemeinsam mit Igor Borrmann ficht er heute beim Weißen Bären von Berlin, einem Turnier, bei dem U-23-Kämpfer bei der 51. Auflage erstmals Punkte für ihre europäische Rangliste sammeln können.

„Es ist schon ein komisches Gefühl, gegen Leute zu fechten, deren Trainer in unserem Alter sind“, sagt Igor Borrmann. Die Teilnehmerliste beim weltweit größten Herrendegen-Einzelturnier ist nach wie vor offen für alle Altersklassen. Und so kommt es, dass sich den vielen Jungspunden in Igor Borrmann an diesem Wochenende ein Fechter der deutschen Senioren-Nationalmannschaft entgegenstellt. Er nimmt den Kampf im Horst-Korber-Sportzentrum zusammen mit seinem fünf Minuten älteren Bruder auf, der 1983 in Wien Weltmeister wurde – als mehr als die Hälfte der etwa 300 Teilnehmer noch nicht geboren war.

„Ich will es den jungen Leuten so schwer wie möglich machen“, sagt Elmar Borrmann, der am Starnberger See wohnt und mit Immobilien handelt. Er war früher der erfolgreichere der Zwillinge, gewann bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften so ziemlich alles, was man gewinnen kann. Während er seine Erfolge feierte, konzentrierte sich Bruder Igor auf sein Zahnmedizinstudium und focht nur sporadisch. Seine Karriere begann, als die von Elmar Borrmann sich dem Ende entgegenneigte. 1997 wurde Igor in Kapstadt Seniorenweltmeister – damals noch in der ersten Seniorenklasse der 40 bis 50-Jährigen – und holte seither nahezu alle Titel im Altherrenbereich.

"Ich will es den jungen Leuten so schwer wie möglich machen", sagt Elmar Borrmann.

Seit 1999 widmet Elmar seine Zeit lieber dem neuen Beruf und greift nur noch selten zum Degen. „Nach meinen Erfolgen war ich gesättigt“, sagt er, „ich hatte keine Lust, bei irgendwelchen Seniorenwettbewerben rumzuwurschteln.“ Wenn überhaupt, wolle er sich immer noch mit aktiven Fechtern messen – wie an diesem Wochenende in Berlin. Vielleicht, mutmaßt er, sei Igor im Senioren-Fechten so erfolgreich aktiv, weil er den vielen Titeln seines älteren Bruder nacheifere.

„Das kann schon sein“, gibt Igor zu. Dafür habe er aber im Gegensatz zu seinem Bruder auch nicht an Gewicht zugelegt. Er geht jeden Tag eine halbe Stunde „im sehr flotten Tempo“ joggen und ficht zwei Mal die Woche in Ditzingen, einem Ort in der Nähe von Stuttgart. Beim Allstar-Cup in Reutlingen schlug er im Januar Tristan Tulen, ein 19-jähriges Talent aus den Niederlanden, und steht nun sogar auf Platz 36 der deutschen Aktiven-Rangliste. „Nach dem Kampf kam sein Trainer zu mir und sagte, dass ich Tulen bloß nicht mein Alter verraten soll, sonst wäre er zu deprimiert“, erzählt Igor Borrmann.

Im Gegensatz zu seinem Bruder hat Igor Borrmann die Fechtszene noch gut im Blick: „Die jungen Fechter sind heute viel athletischer als wir früher, aber dafür technisch nicht mehr so gut ausgebildet.“ Es gebe bis heute keinen technisch versierteren Fechter als seinen Bruder. Er sei „zu 100 Prozent“ in der Lage, beim Weißen Bären mehrere Runden zu überstehen. Elmar Borrmann selbst hat daran so seine Zweifel. Auch wenn er in den vergangenen Wochen ein bisschen mehr als üblich gelaufen sei, fürchtet er um seine Kondition: „Bei mir wird sich irgendwann der Verschleiß einstellen.“

Es sieht also so aus, als ob die Borrmann-Zwillinge die Planche bis zum Finale am Sonntag beim Landessportbund doch den Nachwuchskämpfern überlassen werden. Retten könnte sie nur ein brüderlicher Austausch: Igor müsste Elmar ein bisschen Kondition spenden und gleichzeitig etwas von der brillanten Technik seines Bruder erhalten.

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