zum Hauptinhalt

Sport: Zwei zittern sich nach Süden

Die Footballteams aus New England und New York spielen um den Superbowl

„Ich bin froh, dass wir zum Superbowl nach Phoenix fliegen, wo es warm ist“, sagte Tom Brady bibbernd. „Ich habe mir hier ziemlich den Arsch abgefroren.“ Zwei Stunden lang hatte der Spielmacher der New England Patriots bei minus zehn Grad auf dem Spielfeld in Foxboro im US-Bundesstaat Massachussetts gestanden und sich zu einem 20:12-Sieg gegen die San Diego Chargers gezittert. Gut 1800 Kilometer westlich erging es den Finalgegnern der Patriots, den New York Giants, bei ihrem knappen Sieg in Green Bay nicht besser. Im Gegenteil, das Thermometer am Ufer des Michigansees war gar bis auf 18 Grad unter Null gefallen. Zu allem Übel mussten die Giants gegen die Packers auch noch in die Verlängerung, um ihnen einen knappen 23:20-Sieg abzuringen. Lawrence Tynes hielt es nach seinem entscheidenden Fieldgoal auch nicht mehr lang im Freien aus – er rannte schnurstracks in die Kabine, nachdem er den Ball durch die Stangen befördert hatte.

Zuvor hatte Tynes es allerdings zweimal vermasselt, sich und seine Kollegen schneller in die Wärme zu lotsen. Kurz vor Ende der regulären Spielzeit vergab er bei Gleichstand gleich zwei Fieldgoal-Versuche. Dass er noch eine dritte Chance bekam, hatte er Green Bays Spielmacher Brett Favre zu verdanken. Die Quarterback-Legende zerstörte seinen eigenen Traum, den vielleicht letzten Winter seiner Football-Karriere im warmen Phoenix zu verbringen, wo am 3. Februar der Superbowl stattfindet. Nach einer starken Saison war es sein Fehlwurf in der Verlängerung, der ihn einen Schritt vor dem großen Ziel ins Straucheln brachte. Ob der 38-Jährige im nächsten Jahr noch einmal einen Anlauf wagen will, ließ er offen: „Ich werde jetzt nach Hause gehen und hoffentlich die richtige Entscheidung treffen.“

Weil auch Tom Brady nicht seinen besten Tag hatte, blieb die Partie New England gegen San Diego ebenfalls lange spannend. Der Quarterback, der wohl die beste Saison hingelegt hat, die je ein Quarterback absolvierte, warf drei Mal in die Arme des Gegners. Doch die Chargers schafften es nicht, ihre Gelegenheit zu nutzen – nicht zuletzt, weil die beiden Patriots-Ballträger Laurence Maroney und Kevin Faulk die Schwäche ihres Chefs durch herausragende Leistungen kompensieren konnten. Diese Leistungstiefe der Patriots machte eindrucksvoll deutlich, warum sie in diesem Jahr die alles überragende Mannschaft sind. Das Team von Bill Belichik hat jetzt als erstes Team seit den Miami Dolphins 1972 die Chance, ohne eine einzige Saison-Niederlage den Superbowl zu gewinnen.

Die Giants werden den Patriots den 19. Sieg in Folge aber nicht leicht machen. Vor allem Eli Manning scheint langsam aus dem Schatten seines großen Bruders Peyton zu treten, der vergangenes Jahr mit Indianapolis den Superbowl gewann. Der Quarterback ist zweifelsohne der Katalysator der Wandlung der Giants. Er galt lange als unstet und unzuverlässig und Kollegen sprachen ihm offen Führungsqualitäten ab. Mit 20 abgefangenen Pässen leistete er sich einen traurigen Ligaspitzenwert. Doch in den Play-offs führte er sein Team zu Erfolgen über Tampa, Dallas und Green Bay – allesamt auswärts.

Als Wendepunkt für sich und die Giants, die schwach in die Saison gestartet und auf den letzten Drücker in die Play-offs gerutscht waren, hat Manning ausgerechnet eine Niederlage gegen die Patriots ausgemacht. Als sich die beiden Teams im letzten Spiel der regulären Saison Ende Dezember gegenüber standen, führten die Giants lange und verloren nur knapp 35:38. „Das Spiel gegen die Patriots war wie ein Funke, der bei uns etwas entfacht hat“, erklärte Manning. In Phoenix soll aus dem Funken nun ein Feuer werden.

Sebastian Moll[New York]

Zur Startseite