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Plastikplage: Clevere Verwertung von Resten

Aus Abfallfetten wird Bioplastik – ohne Erdöl

Jährlich werden 450 Millionen Tonnen Plastik weltweit produziert. Ein zaghafter Ansatz der Plastikplage Herr zu werden ist PHA. Die drei Buchstaben stehen für Polyhydroxyalkanoate. Es sind Biopolymere und werden als Bioplastik bezeichnet, weil es ähnlich thermoplastisch verformbar ist wie Plastik aus fossilen Rohstoffen.

„Aber das war es dann an Gemeinsamkeiten“, sagt Dr.-Ing. Sebastian L. Riedel, der mit Dr.-Ing. Stefan Junne an der Herstellung von PHA forscht. Und auch Bioplastik ist nicht gleich Bioplastik. „Die Hälfte der zwei Millionen Tonnen Bioplastik, die derzeit pro Jahr produziert werden, ist biologisch nicht abbaubar und die andere Hälfte teilweise nur schwer“, weiß Riedel. Da ist PHA aus anderem „Schrot und Korn“. Es wird im Wasser und Boden vollständig zu Kohlenstoffdioxid und Wasser abgebaut und ist für die Gesundheit kein Risiko.

Es kann aus vielen Stoffen gewonnen werden – aus Mais, Zucker oder Palmöl. Sebastian L. Riedel begann seine Forschungen an dieser Substanz vor zehn Jahren in den USA am Massachusetts Institute of Technology (MIT) mit Palmöl. „Das ist ein unkomplizierter Ausgangsstoff für die Produktion von Bioplastik“, so Riedel. Aber die Palmölplantagen rücken dem Regenwald zu Leibe. Als er 2012 an die TU Berlin kam, stellte er seine Forschungen mit Palmöl ein. „Ersatz für Plastik gefunden, Regenwald abgeholzt – das kann ja nicht das Ergebnis von Forschung sein“, begründet Riedel seine Entscheidung. Seit 2017 baut er seine Forschung mit biogenen Reststoffen am Fachgebiet Bioverfahrenstechnik aus.

Abfall als wertvoller Rohstoff

Das neue Ausgangsprodukt, das Riedel und Junne vorschwebte, sollte soweit wie möglich kein Nahrungs- oder Futtermittel sein, wie zum Beispiel Mais. Auf der Suche nach einer Alternative entschieden sie sich unter anderem für Abfallfette, die in der Landwirtschaft (Tierkadaver), in der Gastronomie oder bei der Verarbeitung von Lebensmittelabfällen anfallen. Abfall, für sie jedoch wertvolle Rohstoffe.

Wie aber wird aus stinkendem braunem Fett jener Grundstoff, der einmal wie Seidenpapier daherkommt oder die Konsistenz von Waschpulver oder Popcorn haben kann? „Das bewerkstelligen Bakterien namens Cupriavidus necator, auch als Knallgas-Bakterien bekannt. Die lassen wir für uns ‚malochen’“, lacht Riedel. „Wir setzen sie in eine Mineralsalzlösung, füttern sie mit Stickstoff, Phosphor, Sauerstoff und Kohlenstoff. Den Kohlenstoff geben wir in Form von Abfallfetten hinzu. Dann lassen wir sie wachsen. Nach einer bestimmten Zeit entziehen wir den Bakterien den Stickstoff. Auf diesen Mangel reagieren sie, indem sie den nun überschüssigen Kohlenstoff im Abfallfett als Energiereserve in ihren Zellen anlegen und in PHA umwandeln.

Würden wir nach einer gewissen Zeit Stickstoff wieder hinzugeben, würden die Bakterien erst einmal das intrazellulär gespeicherte PHA als Energiequelle nutzen. Das machen wir natürlich nicht, denn wir wollen die in den Zellen produzierte Substanz ja gewinnen, also extrahieren wir es mit Lösungsmitteln, die teilweise wieder zurückgewonnen werden können“, erklärt Riedel.

Sybille Nitsche

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