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In Bremen sollen Briefträger künftig soziale Aufgaben übernehmen und nach Senioren sehen.

© Oliver Berg/dpa

Neue Aufgabe für Briefträger in Bremen: Postboten sollen nach Senioren sehen

Klingeln, fragen wie es geht, bei Problemen Hilfe organisieren – Briefzusteller in Bremen sollen soziale Aufgaben übernehmen. Mehr Personal ist dafür vorerst nicht geplant.

Als ob Briefzusteller nicht schon genug damit zu tun haben, ihr tägliches Pensum zu schaffen - nun sollen sie auch noch soziale Aufgaben übernehmen: In Bremen werden sie künftig bei ausgewählten Senioren klingeln und nach dem Wohlergehen fragen. Zusätzliches Personal ist dafür nicht vorgesehen.

„Post persönlich 2.0“ nennt sich das Modellprojekt, das demnächst in ausgewählten Stadtteilen beginnen soll. Die Deutsche Post will frühestens Mitte April Details darüber verraten, aber einiges wurde schon jetzt bekannt: Wer sich für den Service anmeldet und dafür eine Gebühr in noch ungenannter Höhe bezahlt, erhält künftig regelmäßig Besuch von Briefträgern.

Die Männer und Frauen in den gelb-blauen Jacken klingeln auf jeder ihrer Touren bei den Projektteilnehmern, fragen kurz, ob alles in Ordnung ist, und ziehen dann weiter. Wenn niemand öffnet oder wenn die Klienten um Hilfe bitten, dann rufen die Zusteller beim Johanniter-Hausnotruf an und bitten ihn, sich um den Fall zu kümmern.

Diese Idee ist Ausdruck einer Gesellschaft, die mehr und mehr dem Egoismus verfällt und die eigentlich bestehende, ganz natürliche nachbarschaftlich-soziale Verpflichtung vergessen will. Stattdessen sollen nun Briefträger dafür herhalten, das schlechte Gewissen zu beruhigen.

schreibt NutzerIn tweet4fun

Zu dem Modellprojekt der Stadt Bremen und der Post gehören noch zwei weitere Aufgaben für die Briefträger: Sie sollen an jeder Haustür möglichst persönlich ein Faltblatt überreichen, in dem für ehrenamtliches Engagement in sozialen Dienstleistungszentren geworben wird. Und sie sollen per Einschreiben Bargeld ausliefern, wenn die Kunden der Sparkasse Bremen dies vorher per Telefon bei dem Kreditinstitut angefordert haben.

Gewerkschaft unterstützt das Pilotprojekt

Mit diesen Dienstleistungen will der Bremer Senat vor allem jene Hilfsbedürftigen unterstützen, die noch nicht durch Pflegedienste betreut werden oder sich keinem Hausnotrufsystem angeschlossen haben. Neben der Post sollen auch andere Institutionen mitwirken.

Eigentlich sollte man denken, dass die Zusatzarbeit für die Briefzusteller auf schroffe Ablehnung bei ihren Interessenvertretern stößt. Doch Verdi-Landesfachbereichsleiter Thomas Warner und der zuständige Betriebsratsvorsitzende Hermann Warnken sind offen für das Pilotprojekt. Sie denken dabei langfristig: Wenn die Postboten im E-Mail-Zeitalter immer weniger Briefe auszutragen haben, dann können neue Aufgaben die Arbeitsplätze sichern.

Der Betriebsrat, der nach Warnkens Worten rechtzeitig in die Planungen eingebunden wurde, akzeptiert deshalb, dass zumindest während der Projektzeit kein zusätzliches Personal eingesetzt wird. Falls das Modell gut ankommt, würde das allerdings „zu einem Mehrbedarf an Arbeitskraft führen“, wie Warnken sagt.

Die Deutsche Post hat schon einmal versucht, Briefzusteller als Seniorenbetreuer einzusetzen. Doch das 2014 im Ruhrgebiet gestartete Projekt, damals noch ohne Geldzustellung, wurde Ende 2015 wegen zu geringer Nachfrage wieder eingestellt. Fast 40 Euro Gebühr pro Monat waren vermutlich zu viel. In Bremen könnte es für die Senioren billiger werden, denn hier will sich laut Betriebsrat Warnken auch die Stadt finanziell beteiligen.

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