
© dpa/Thomas Banneyer
Wilde Milde: Die Art Cologne setzt auf Malerei
Auf der Messe zeigt sich, dass Kunst nicht nur ein Thema für gutbetuchte Sammler ist. Der Anteil junger Kunst steigt, die Achtzigerjahre kehren zurück.
Stand:
Trump, Putin, Israel, Ukraine? Auf der diesjährigen Art Cologne läuft man nicht Gefahr, mit politischen Krisenszenarios belästigt zu werden. Und wenn doch, dann versteckt im Segment der „New Positions“, wo etwa Fabian Knecht in der Galerie Alexander Levy mit aus der Wand ragenden Kabeln in Blau und Braun auf die drohende Gefahr eines Rechtsrucks verweist.
Rückkehr der 80er
Präsenter ist allerdings die Historie dank der Rückkehr der 1980er Jahre in den Messehallen. Sie wird sichtbar anhand von Bildern der Mülheimer Freiheit etwa am Stand des Berliners Michael Haas, wo ein „Mann mit Kerze“ (1982) von Walter Dahn mit einer zerdehnten Physis für irritierte Blicke sorgt. Auch die Galerie Sprüth Magers folgt dem Trend und zeigt von Walter Dahn die Sprayarbeit „Baselitz-Pop“. Der Ex-Kölner Michael Werner, dessen Vorrat an „wilden“ Malern enorm sein dürfte, zeigt sich anschlussfähig und lässt Jörg Immendorff mit dem Gemälde „Es gibt keine Hölle“ von 1982 das Jahrzehnt repräsentieren.
Bei so viel Nostalgie kommt man nicht umhin, an die glorreiche Zeit der dienstältesten Messe für moderne und zeitgenössische Kunst in den Achtigern zu denken: Eine Ära, die noch nicht mit globaler Konkurrenz zu kämpfen hatte. Als führende Messe des deutschen Kunsthandels ist die Art Cologne aber weiterhin nicht wegzudenken und verteidigt mit verlässlicher Qualität ihre Position, auch wenn international strahlkräftige Teilnehmer wie Hauser & Wirth oder David Zwirner erneut fernbleiben.
Mehr junge Galerien
Dafür hat Messeleiter Daniel Hug die Sektion „Neumarkt“ auf 26 junge Galerien vergrößert. Zur Vernissage war unter den rund 170 Teilnehmern von düsterer Stimmung nichts zu spüren. Sichere „Flachware“ dominierte, nach Videokunst musste man Ausschau halten. Immerhin bestückten viele Galerien ihre Stände mit Geformten, Gegossenen oder Genähten wie etwa die Berman Contemporary South African Art aus Johannesburg, die ihren Fokus auf textile Kunst von Frauen gelegt hat.
In der unteren Halle mit dem Angebot der Nachkriegskunst und klassischen Moderne, das von Jahr zu Jahr schmaler wird, glänzte die Galerie von Vertes aus Zürich mit Werken von Erich Heckel, Alexej Jawlensky, Gabriele Münter und Emil Nolde. Die Dortmunder Galerie Utermann setzte ebenfalls auf Nolde. Von ihr stammt das Gemälde „Herbstabend auf Alsen“ von 1903. Der Preis liegt bei 1.350.000 Euro, für die Art Cologne inzwischen eine Kategorie mit Seltenheitswert. Spitzenreiter ist Frank Stellas Doppelbild mit konzentrischen Quadraten für 5,9 Millionen US-Dollar bei der Galerie Samuelis Baumgarte.
Wichtige Sammler und Institutionen
Die Galerie Thaddaeus Ropac, Platzhirsch im Segment Contemporary, zeigt sich zufrieden: „Wir freuen uns jedes Jahr auf Köln, denn zu den Besuchern der Art Cologne zählen stets wichtige deutsche Sammler und Institutionen. Hier konnten wir wiederholt Werke in unterschiedlichen Preisklassen platzieren.“ Zu den ersten Verkäufen zählten die Arbeit „Früher und heute“ von Georg Baselitz für 850.000 Euro sowie ein Skulptur von Jack Pierson (150.000 Euro), eine Keramik von Miquel Barceló für 65.000 Euro und eine Zeichnung von Marc Brandenburg (33.000 Euro).
Bei Karsten Greve überzeugte die gelungene Mischung am weiträumigen Stand. Um die riesige „Figur“ aus Terrakotta von Norbert Prangenberg gruppieren sich zarte Zeichnungen und farblich belebte Großformate von Leiko Ikemura sowie ein monumentales Zen-Bild von Qiu Shihua. Da ließ sich dann auch der riesige Atompilz von Anne Imhof am Stand von Daniel Buchholz wegmeditieren. Er stammt aus den Serien, die dieses Jahr in der Ausstellung „Wish You Were Gay“ im Kunsthaus Bregenz zu sehen waren.
Auf den 28-jährigen Paul Henkel, Enkel der Düsseldorfer Mäzenin und Sammlerin Gabriele Henkel, traf man im Sektor Contemporary bereits zum zweiten Mal. Er setzt mit seiner New Yorker Palo Gallery auf ein kontrastreiches Programm. An seinem Stand fallen die Gemälde der in Liberia geborenen Malerin Lewinale Havette ins Auge. Und siehe da, der expressive Stil der Porträts erinnert an die Jungen Wilden. Und das bei vergleichsweise bescheidenen Preisen um die 35.000 US-Dollar.
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