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Wirtschaft: AEG entschädigt für Arbeitslosigkeit

IG Metall und die AEG-Mutter Electrolux einigen sich auf einen Sozialtarifvertrag – Werk in Nürnberg wird trotzdem geschlossen

Berlin - Nach einem mehr als 15-stündigen Verhandlungsmarathon haben sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber des Nürnberger AEG-Hausgerätewerks auf einen Sozialtarifvertrag geeinigt. Die Schließung des Werks konnte zwar nicht verhindert werden, die 1700 Mitarbeiter erhalten aber eine Abfindung von je 1,8 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Das ist mehr als doppelt so viel, wie der schwedische Mutterkonzern Electrolux ursprünglich zahlen wollte. Außerdem werden die Mitarbeiter für „zwölf Monate plus x“ in einer Beschäftigungsgesellschaft untergebracht, teilten Electrolux und der Nürnberger IG-Metall-Vize Jürgen Wechsler am Dienstagmorgen mit. Arbeitsrechtler bezeichneten den Abschluss als ungewöhnlich hoch.

Mit der Einigung geht ein mehr als fünfwöchiger Streik der AEG-Beschäftigten dem Ende entgegen. Sie hatten gegen die bis Ende 2007 geplante Verlagerung ihrer Arbeitsplätze nach Polen protestiert, wo Geschirrspüler, Waschmaschinen und Trockner künftig billiger produziert werden sollen. Sieben vorhergehende Verhandlungsrunden waren gescheitert. Erst in der vergangenen Woche gelang unter Vermittlung des früheren bayerischen Wirtschaftsministers Otto Wiesheu eine Wiederannäherung der Streikparteien.

Der Nürnberger IG-Metall-Vertreter Wechsler sagte am Dienstag, der ausgehandelte Tarifvertrag könne sich mehr als sehen lassen. Klar sei jedoch, dass die Gewerkschaft mit ihrer Hauptforderung, dem Erhalt des Standortes Nürnberg, gescheitert sei. Beide Seiten sprachen nach der langen Nacht von schwierigen, zähen Verhandlungen. „Es ging heftig zur Sache und auch frostig auseinander“, sagte Wechsler. Auch Electrolux-Vorstand Johan Bygge sprach von „extrem schwierigen Verhandlungen“, zeigte sich mit dem Ergebnis aber ebenfalls zufrieden. Der Konzern geht davon aus, dass der Abschluss Electrolux rund 240 Millionen Euro kosten wird. Allein für die Beschäftigungsgesellschaft werde der Konzern 20 Millionen Euro bereitstellen, sagte ein AEG-Sprecher.

Arbeitsrechtler zeigten sich angesichts der Höhe des erzielten Abschlusses überrascht. „Von der Größenordnung der Abfindung her ist das schon ein Erfolg“, sagte der Berliner Arbeitsrechtler Klaus Plambeck dieser Zeitung. Sein Kollege Detlef Hensche sprach von einer „respektablen Einigung, die ihresgleichen sucht“. Üblicherweise zahle der Arbeitgeber bei der Abfindung einen Satz von höchstens 50 Prozent des Monatslohns pro Beschäftigungsjahr, sagte der frühere IG-Medien-Chef. Auch die Vereinbarung, eine Beschäftigungsgesellschaft für zwölf Monate einzurichten, sei „an der oberen Grenze“. Electrolux habe offenbar ein großes Interesse gehabt, die Streiks so schnell wie möglich zu beenden.

Wenn auch die AEG-Ersatzteilsparte in Rothenburg sich dem Streit angeschlossen hätte, werde binnen Tagen die Zulieferung von Ersatzteilen europaweit ins Stocken geraten, hatte die IG Metall gedroht.

Ob der Streik im Nürnberger Hauptwerk bald zu Ende geht, muss jetzt noch förmlich beschlossen werden. Am Mittwoch berät zunächst die AEG-Tarifkommission über die Ergebnisse, Donnerstag und Freitag muss per Urabstimmung die Belegschaft mit mindestens 25 Prozent für das Ende des Streiks stimmen. Frühestens am Montag könnte die Arbeit dann wiederaufgenommen werden, hieß es.

Für die ausgegliederten Electrolux-Servicegesellschaften wurde ein Haustarifvertrag vereinbart, der sich mit einigen Abweichungen am Tarifvertrag der IG Metall orientieren soll. Dagegen ist die Zukunft des AEG-Herdwerkes in Rothenburg, das ebenfalls in die Verhandlungen miteinbezogen worden war, weiterhin offen. Nach Angaben der IG Metall wird es eine Standort- und Beschäftigungsgarantie bis Ende 2009 nur geben, wenn zuvor eine Betriebsvereinbarung über die Qualifizierung der Mitarbeiter getroffen wird.„Der Sack ist noch nicht ganz zu“, sagte eine Sprecherin.

Maren Peters

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