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Wirtschaft: Aktionäre ringen um den Umbau von Siemens

MÜNCHEN (tmh).Die Siemens AG, Berlin/ München, steht heute vor einer Hauptversammlung von historischen Dimensionen.

MÜNCHEN (tmh).Die Siemens AG, Berlin/ München, steht heute vor einer Hauptversammlung von historischen Dimensionen.In der Münchner Olympiahalle erwartet der Elektrokonzern mehr als 10 000 Aktionäre, die angesichts von Reizthemen wie Atompolitik, Konzernumbau, Ergebniseinbruch und Entschädigung von Ex-Zwangsarbeitern während der NS-Zeit vom frühen Vormittag bis in den späten Abend für eine hitzige Stimmung sorgen dürften.Zudem sollen die Aktionäre umfangreiche Kapitalbeschlüsse und ein neues Vergütungssystem für Topmanager absegnen.

Heftigen Gegenwind haben Konzernchef Heinrich von Pierer und seine Kollegen insbesonders von Belegschaftsaktionären zu erwarten.Sie protestieren gegen die Ausgliederung von Unternehmensteilen im Rahmen des laufenden Konzernumbaus.Der ist zwar seitens der Hauptversammlung nicht zustimmungspflichtig.In diversen Gegenanträgen von Aktionären wird jedoch vor allem die geplante Ausgliederung des gesamten Halbleiterbereichs als falsche unternehmerische Entscheidung gerügt.Siemens-Vorstand und Aufsichtsrat dürften deshalb nicht entlastet werden, fordern mehrere Aktionäre, die sich angesichts der Stimmverhältnisse aber kaum durchsetzen werden.Siemens will sein komplettes Geschäft mit Bauelementen verkaufen, möglicherweise über die Börse.Davon betroffen sind 17 Mrd.DM Umsatz und rund 60 000 Mitarbeiter, die sich vor einer ungewissen Zukunft stehen sehen.In der Kritik steht das Management auch wegen des drastischen Einbruchs im Jahresüberschuß 1997/98 (zum 30.September) von 2,61 auf 0,92 Mrd.DM.Für die unbefriedigenden Ergebnisse sei der Vorstand mitverantwortlich, kritisieren Belegschaftsaktionäre.Sie nennen "hausgemachte Gründe" wie eine Fehlinvestition in ein Chipwerk, falsches Marketing bei Mobilfunkgeräten oder Qualtiätsprobleme in diversen Sparten.Der Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre wiederum rügt ein "peinliches" Verhalten von Siemens im Zusammenhang mit der Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeitern während der Nazizeit.Erst auf den Druck von Klagen aus dem Ausland hin habe sich der Konzern diesem Thema gestellt.Zu diesen aktuell für Zündstoff sorgenden Einwänden steht zudem wie in Vorjahren das Engagement der Münchner bei Kernkraftwerken auf der Tagesordnung.Da die gesellschaftlich umstrittene Kernenergie nur rund drei Prozent der Siemens-Umsätze ausmache, solle sich der Konzern von diesen Geschäften trennen, fordern atomkritische Aktionärsvertreter.Der Vorstand hat das bereits mehrmals abgelehnt.

Auf wenig Gegenliebe stößt zudem ein Aktienoptionsplan für rund 500 Siemens-Spitzenmanager.Wenn Führungskräfte künftig, angeregt von internationalen Gepflogenheiten, zum Teil mit Optionen auf Siemens-Aktien bezahlt werden, müsse dieses System auf die gesamte Belegschaft ausgedehnt werden, heißt es in einem Gegenantrag zur Hauptversammlung.

Als weniger umstritten gelten geplante Kapitalbeschlüsse, so jener zum Erwerb eigener Aktien und jener zur Schaffung genehmigten Kapitals von 500 Mill.DM.Letzteres gäbe dem Management von Siemens rund zwölf Mrd.DM für Zukäufe oder andere Investitionen in die Hand.Allgemein sollen die geplanten Kapitalmaßnahmen zur Steigerung des Aktienkurses beitragen, um Siemens in der Zukunft für größere Zusammenschlüsse per Aktientausch fit zu machen.

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