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Aus einer Hand. Stellt Amazon seine Lieferungen bald selbst zu?

© picture alliance / dpa

Update

Händler testet eigene Lieferwege: Amazon macht die Post-Branche nervös

Der weltgrößte Versandhändler Amazon testet immer mehr eigene Liefermodelle. Auch deutsche Paketdienste bangen um ihr Geschäft.

Von Maris Hubschmid

Es ist der Onlinehandel, der aktuell der Deutschen Post zu wachsenden Marktanteilen verhilft, in Zeiten, in denen der Brief immer seltener wird. Und es ist Amazon, das wie kein Zweiter für den Onlinehandel steht: als größter Internethändler Deutschlands und einer der mächtigsten Versender der Welt. Wenn nun Amazon Anstalten macht, sich von herkömmlichen Paketdiensten zu lösen und eigene Lieferstrukturen aufzubauen, kann man sich vorstellen, dass das mancherorts für Unruhe sorgt. In den USA hat der Konzern Fahrer angeworben, die Sendungen direkt zum Kunden bringen sollen.

Eigene Logistik, eigene Zusteller?

Fakt ist: Offiziell gibt es keine Absichtserklärung von Amazon, mittel- oder auch nur langfristig auf logistische Dienstleistungen Dritter verzichten zu wollen. In dieser Hinsicht sei nichts Neues zu vermelden, teilt das Unternehmen mit. Ganz abwegig erscheint das Szenario vielen dennoch nicht: Schließlich hat Amazon nicht nur manche Branche aufgemischt, indem es sich deren Kernkompetenzen zu eigen gemacht hat und unterhält in Deutschland neun Logistikzentren, sondern testet auch seit Längerem innovative Lieferwege.

Viel Aufsehen erregt die vom Unternehmen entwickelte Paketdrohne, in London liefert Amazon im Rahmen des „Prime Now Services“ innerhalb von zwei Stunden an die Haustür. Und in einem Verteilzentrum in der Nähe von München erprobt der Händler schon länger die Zustellung in Eigenregie. Eine Lösung auch für andere Ballungszentren, heißt es. Allerdings ist dabei stets die Rede von Sonder-Kapazitäten, nicht von Revolution.

Amazon will unabhängig sein

„Es gibt eine gewisse Nervosität“, sagt dennoch der Vorsitzende des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik, Florian Gerster. Und kündigte in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur an, das Feld nicht kampflos aufzugeben. Beim Marktführer gab sich der Vorstand bislang gelassen – am Montag war aber zumindest zwischen den Zeilen vielleicht eine leichte Besorgnis bei der Deutschen Post erkennbar: „Uns verbindet seit vielen Jahren eine enge, vertrauensvolle geschäftliche Partnerschaft mit Amazon“, teilte der Konzern dem Tagesspiegel auf Anfrage mit. Man sei zuversichtlich, dass das so bleibe.

Natürlich beobachte man alle Entwicklungen auf dem Markt sehr genau. „Aus langjähriger Erfahrung wissen wir aber, dass in Deutschland der Aufbau einer eigenen flächendeckenden Transportlogistik vergleichbarer Qualität und ihr wirtschaftlicher Betrieb ein anspruchsvolles Vorhaben ist.“ Klingt fast wie eine Warnung in Richtung Amazon.

Tatsächlich kooperiert der Händler mit diversen Paketdienstleistern – neben DHL auch Hermes und DPD. Auf diese Weise sichert er sich dagegen ab, dass im Falle eines Poststreiks das Geschäft leidet. Mit DHL hat Amazon aber auch besondere Projekte laufen: Gemeinsam arbeiten die Unternehmen etwa daran, Pakete in den Autokofferraum zuzustellen.

Auch Zalando geht neue Wege

In einem immer stärker umkämpften Markt lautet das oberste Gebot, es dem Kunden so komfortabel wie möglich zu machen. Auch andere Versandhändler erproben deshalb neue Liefermodelle. So hat sich der Modehändler Zalando, der pro Monat drei Millionen Pakete verschickt, das Start-up Liefery ausgeguckt, das auf Wunsch am gleichen Tag zustellt und in Köln derzeit probeweise auch Retouren wieder einsammelt. Die Post installiert private Paketkästen, damit die Sendungen ihre Adressaten zuhause erwarten. Wettbewerber ziehen nach.

Und Amazon? Sucht angeblich Mitarbeiter für eigene Packstationen in Deutschland, an denen Kunden Pakete abholen und auch wieder zurückgeben können. In einigen Städten der USA und Großbritanniens sind die sogenannten Lockers längst Realität.

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