Wirtschaft: Arbeitsmarkt: DGB ruft Unternehmer zur Besonnenheit auf
Die Arbeitslosigkeit ist im September saisonbereinigt angestiegen und liegt zum zweiten Mal unter Vorjahresniveau. Die amtlichen Zahlen gibt die Bundesanstalt für Arbeit am heutigen Dienstag bekannt.
Die Arbeitslosigkeit ist im September saisonbereinigt angestiegen und liegt zum zweiten Mal unter Vorjahresniveau. Die amtlichen Zahlen gibt die Bundesanstalt für Arbeit am heutigen Dienstag bekannt. Nach Schätzungen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) wird die Arbeitslosenzahl im Vergleich zum Vorjahresmonat auf etwa 3,75 Millionen steigen. "Trotz der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten sehen wir die Chance, dass die Arbeitslosigkeit im Laufe des kommenden Jahres abnehmen wird", sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer am Montag in Berlin. Für ein Krisenszenario gebe es keine Anhaltspunkte.
Engelen-Kefer rief die Arbeitgeber auf, jetzt besonnen zu handeln und nicht mit Stellenabbau auf die flaue Konjunktur zu reagieren. Die Unternehmer sollten der wirtschaftlichen Schwäche mit mehr Kreativität begegnen: Arbeitszeitmodelle, Teilzeitarbeit und betriebliche Weiterbildung müssten verstärkt genutzt werden. Den Vorschlag von Bundesarbeitsminister Walter Riester, das in Rheinland-Pfalz erprobte Kombilohnmodell bundesweit auszudehnen, lehnte die stellvertretende DGB-Vorsitzende ab. Auch eine vorgezogene Steuerreform sowie "überhastete und isolierte Konjunkturprogramme" fanden bei den Gewerkschaften keine Zustimmug. Engelen-Kefer und der IG-BCE-Vorsitzende Hubertus Schmoldt machten sich stattdessen dafür stark, öffentliche Investitionen vorzuziehen. Die EU müsse gemeinsam gegen Arbeitslosigkeit vorgehen, forderte EngelenKefer. "Eine EU-weit abgestimmte Erhöhung der Investitionen von beispielsweise zehn Milliarden Mark könnte in der Bundesrepublik die Beschäftigung bereits im ersten Jahr um rund 90000 steigen lassen," rechnete sie vor. Die Bundesregierung lehnte solche und andere konjunkturbelebende Maßnahmen zwar erneut ab, schloss aber Konjunkturmaßnahmen im Rahmen eines EU-weit abgestimmten Vorgehens nicht aus.
Die EU-Kommission sieht in der hohen Abgabenlast einen wesentlichen Grund für die schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt. Deutschland müsse sich mehr als bisher um eine "Verringerung der Steuer- und Sozialabgabenbelastung am unteren Ende der Lohnskala bemühen", heißt es in den beschäftigungspolitischen Empfehlungen der EU für 2002, die am Montag von den EU-Arbeitsministern in Luxemburg beraten wurden. Darin zählt die EU-Kommission eine Reihe weiterer beschäftigungspolitischer Versäumnisse auf: Die aktive Arbeitsmarktpolitik habe im Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit bisher zu wenig gebracht. Dies gelte insbesondere für Ostdeutschland und für Zuwanderer. Arbeitsverträge und Arbeitsorganisation seien weiterhin zu unflexibel. Deutschland tue auch immer noch zu wenig, um Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es fehlten Kinderbetreuungseinrichtungen und Jobs mit familienfreundlicher Arbeitszeit. In den Kobilohnmodellen und im Job-Aktiv-Gesetz sieht die Kommission allerdings positive Ansätze.
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