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Wirtschaft: Arbeitsmarkt-Reformen in kritischer Phase

Nach der Pleite des Personalverleihers Maatwerk ist ein Kernstück der Hartz-Reformen in die Diskussion geraten

Berlin (ce). Nach der Pleite des größten deutschen Betreibers von PersonalService-Agenturen (PSA), der Firma Maatwerk, drängen die Grünen auf eine neue Ausschreibepraxis der Arbeitsämter. Es sei sonst zu befürchten, „dass weitere Pannen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen folgen“, sagte Grünen-Fraktionsvize Thea Dückert am Dienstag. Zeitarbeitsverbände fordern ebenso wie die Arbeitsmarkt-Experten der Bertelsmann-Stiftung, das Instrumentarium PSA zu verändern. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) will schon bald mit anderen Personaldienstleistern neue Verträge abschließen.

Am Montag war bekannt geworden, dass die deutsche Tochter des niederländischen Unternehmens Maatwerk Insolvenz anmelden muss. Maatwerk betreibt ein Fünftel der insgesamt rund 1000 PSA. Vor allem Langzeitarbeitslose sollen über die Agenturen den Weg in den ersten Arbeitsmarkt finden. Die PSA stellt Arbeitslose ein, qualifiziert sie und verleiht sie als Zeitarbeiter befristet an Unternehmen. Sie gilt als zentraler Baustein der Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt.

Für Frank Frick, Arbeitsmarkt-Experte bei der Bertelsmann-Stiftung, kam die Maatwerk-Pleite wenig überraschend. Die Firma habe keine Erfahrung im Verleih, sondern in der Vermittlung. Der Sprecher des Bundesverband Zeitarbeit (BZA), Thomas Läpple, bezeichnete es als Risiko, dass Maatwerk ohne die notwendige regionale Infrastruktur auf den Markt gegangen sei. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Brandner, sagte dem Tagesspiegel, Maatwerk habe sich „bedauerlicherweise“ verhoben. Für die Personal-Service-Agenturen sei dies „ein Rückschlag, aber kein Beinbruch“.

Nach Berechnungen des Arbeitsmarkt-Experten Frick muss eine PSA einen Arbeitslosen in mindestens zwei Dritteln der Einsatzzeit verleihen, damit das Geschäft überhaupt rentabel ist. In der Branche heißt es, dass Maatwerk davon weit entfernt gewesen sei – die Verleihquote habe zum Teil nur bei 20 Prozent gelegen. Für die Beschäftigung von Arbeitslosen erhält die PSA eine Fallpauschale in Höhe von zwischen 800 und 1300 Euro im Monat. Nach drei Monaten sinkt diese Pauschale auf 75 Prozent, nach einem halben Jahr auf die Hälfte.

Die Grünen–Arbeitsmarktexpertin Dückert kritisierte, die Ausschreibungen der BA seien rein quantitativen Kriterien gefolgt. Oftmals seien Träger zum Zuge gekommen, die noch keine regionale Verankerung besäßen . Die Ausschreibungskriterien müssten durch qualitative ergänzt werden. Es zeichne sich schon jetzt ab, dass die anstehenden Ausschreibungsverfahren im Bereich der Rehabilitation „unbefriedigend“ verlaufen würden. Der SPD-Arbeitsmarktpolitiker Brandner sprach sich dafür aus, künftig dafür zu sorgen, dass auch kleinere Träger einen Platz auf dem Markt erhielten.

Für den Bertelsmann-Experten Frick ist entscheidend, dass die BA nicht mehr hoch spezialisierte Lose vergibt, etwa für Jugendliche im kaufmännischen Bereich oder für Akademiker. „Es ist hanebüchen, den Markt so dezidiert aufzuteilen“, sagte Frick.

Der neue BA-Chef Weise kündigte am Dienstag an, für einen Teil der betroffenen Mitarbeiter bestünden gute Chancen auf Übernahme in eine andere PSA. Nach jetzigem Kenntnisstand könnten 60 Prozent der rund 10 000 Maatwerk-Leiharbeiter relativ schnell übernommen werden. Maatwerk hatte an 66 Standorten 200 der insgesamt 1000 PSA betrieben. In Berlin und Brandenburg sind rund 1000 Beschäftigte betroffen. Die BA will nun so schnell wie möglich neue Verträge abschließen.

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