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Wirtschaft: Argentinien: Peso-Abwertung soll das Land retten

Mit einer deutlichen Abwertung des Peso will die neue argentinische Regierung das Land vor einer Eskalation der Wirtschaftskrise bewahren. Am Sonntag wurde beschlossen, dass der Peso gegenüber dem Dollar verbilligt werden soll.

Mit einer deutlichen Abwertung des Peso will die neue argentinische Regierung das Land vor einer Eskalation der Wirtschaftskrise bewahren. Am Sonntag wurde beschlossen, dass der Peso gegenüber dem Dollar verbilligt werden soll. Als neuen amtlichen Kurs legte Wirtschaftsminister Jorge Remes Lenicov ein Verhältnis von 1,40 Peso für einen Dollar fest. Dieser Kurs betrifft aber nur für den Außenhandel und Kapitaltransaktionen. Daneben soll es auch noch einen freien Peso-Kurs geben. Der richtet sich nach Angebot und Nachfrage und gilt für den Devisenumtausch von Privatleuten. Es wird erwartet, dass dieser freie Kurs noch unter den Fixkurs sinken wird, wenn die Banken am Mittwoch nach zweitägiger staatlich verordneter Pause wieder geöffnet werden. Die Regierung schließt nicht aus, dass der Wechselkurs in vier oder fünf Monaten vollständig freigegeben wird.

Zehn Jahre lang war die argentinische Währung im Verhältnis eins zu eins an den US-Dollar gebunden. Diese feste Koppelung wird als Hauptgrund für die Wirtschaftsmisere angesehen. Seit vier Jahren befindet sich Argentinien nun in der Rezession. Die Arbeitslosenquote erreicht mittlerweile rund 20 Prozent. Die Auslandsschulden betragen fast 150 Milliarden Dollar.

Am Wochenende hatte der Kongress dem neuen Präsidenten Eduardo Duhalde weitreichende Sondervollmachten erteilt. Damit kann er die Folgen der Abwertung für die Bevölkerung abmildern. So soll eine staatliche Preiskontrolle eingeführt werden. Zudem soll eine inflationsindexierte Steigerung von Steuern, Zöllen und Krediten verboten werden. Die in Dollar ausgegebenen Kredite werden nach Angaben der Regierung bis zu einer Höhe von 100 000 Dollar auf Peso - eins zu eins - umgestellt, um eine Bankrottwelle zu verhindern. Für mögliche Verluste der Banken will der Staat aufkommen. Zur Kostendeckung ist eine Steuer auf Ölexporte im Gespräch. Wie mit Krediten über 100 000 Dollar verfahren werden soll, ist noch unklar.

Ein gespaltener Wechselkurs ist keine neue Erfindung. Länder wie China oder Südafrika und auch eine Reihe asiatischer Staaten kannten einen gespaltenen Wechselkurs, ebenso viele lateinamerikanische Länder. Allerdings gab es unterschiedliche Zielsetzungen und entsprechend verschiedene Formen. So haben die Chinesen zwischen Deviseninländern und -ausländern unterschieden, um illegale Kapitalzufuhren zu unterbinden. In Südafrika wurden unterschiedliche Wechselkurse für den Handel und für Kapitaltransaktionen vorgesehen. Zweck war es, bestimmte Güter und Rohstoffe vor den Folgen einer zu drastischen Abwertung zu schützen.

Inwieweit sich die Maßnahme für Argentinien auszahlen wird, ist in Fachkreisen umstritten. So fürchtet der Währungsexperte vom Institut für Weltwirtschaft Kiel, dass der Doppelkurs - wie in der Vergangenheit schon häufiger in Lateinamerika geschehen - zu umfangreichen Umgehungsgeschäften führen könnte: "Die Nachfrage nach Dollar wird steigen und die Devisenreserven werden sich schnell erschöpfen", vermutet Rainer Schweickert. Auch Volkswirtin Barbara Fritz vom Institut für Ibero-Amerika-Kunde in Hamburg hat Bedenken: "Die Spekulation wird den festen Wechselkurs austesten". Auf Dauer, so Fritz, werde sich der Festkurs nicht halten lassen. Die Folgen für Argentinien seien schwer abschätzbar, weil klare Regelungen fehlten. In jedem Falle werde sich aber der Schuldendienst verteuern, den zahlreiche Unternehmen für ihre Auslandsschulden zu leisten haben. Denn für Zinsen und Tilgung der auf ausländische Währung ausgestellten Bonds müssen die Argentinier nun ein Vielfaches an Peso aufbringen.

Wirtschaftsminister Lenicov kündigte an, im Februar erneut über die Auslandsschulden verhandeln zu wollen. Dabei würden die internationalen Gläubiger möglicherweise um weitere Kredite gebeten. Es gehe um bis zu 20 Milliarden Dollar. Der Internationale Währungsfonds, der Argentinien im vergangenen Jahr über 22 Milliarden Dollar überwiesen hatte, ist zu neuen Gesprächen grundsätzlich bereit. Kurz vor Weihnachten hatte Argentinien offiziell die Zahlung seiner Auslandsschulden ausgesetzt.

mo

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