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Auch das noch: Warum der Trump-Sieg für die deutsche Wirtschaft ein „Worst-Case-Szenario“ ist
Die vom designierten US-Präsidenten angedrohten Zölle würden die deutsche Wirtschaft besonders hart treffen. Die Hoffnung ist, dass Trump zunächst nur selektive, schlagzeilenträchtige Zölle verhängt.
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Die Wirtschaft in Deutschland stockt, die Ampel-Regierung ist zerstritten und nun hat auch noch Donald Trump die US-Wahl gewonnen. Was folgt daraus? Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) betrachtet den Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen als „wirtschaftlich schwierigsten Moment in der Geschichte der Bundesrepublik“. Zu der aktuellen inneren Strukturkrise kämen nun „massive außenwirtschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen“ auf Deutschland zu, „auf die wir nicht vorbereitet sind“, erklärte IfW-Präsident Moritz Schularick am Mittwoch.
Er bezog sich vor allem auf drohende weitere Zölle und Einfuhrbeschränkungen, die Trump im Wahlkampf wiederholt im Falle einer neuen Präsidentschaft angekündigt hatte. Das jedoch werde „das Wachstum in Deutschland und Europa weiter belasten“, warnte Schularick.
Die USA gehören für Deutschland zu den wichtigsten Exportländern. Entsprechend problematisch wären Zölle.
„Das Worst-Case-Szenario ist eingetreten“
Die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus verstärkt die Sorgen der deutschen Industrie. „Flächendeckende Zölle von zehn oder gar 20 Prozent auf alle Importe und von 60 Prozent auf Einfuhren aus China würden nicht nur Deutschland und der EU, sondern auch der US-Wirtschaft massiv schaden“, teilte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit. „Die Welt braucht weniger und nicht mehr Handelsbeschränkungen“, hob der Außenhandelsverband BGA hervor.
„Das Worst-Case-Szenario ist eingetreten“, kommentierte das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft. Es sagt einen „Handelskrieg“ voraus, der die deutsche Wirtschaft nach Prognose des Instituts in vier Jahren bis zu 180 Milliarden Euro kosten könne.
Industrie sieht Epochenwechsel
Die Industrie sieht einen „Epochenwechsel“. „Zu befürchten ist, dass der Ton rauer, der protektionistische Kurs konsequent fortgeführt werden wird“, teilte der BDI mit. Die Branche sieht einen Weckruf für Deutschland und Europa. Sie müssten ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre Verteidigungsfähigkeit schneller weiterentwickeln. Die chemische Industrie hält dabei auch Freihandelsabkommen und Partnerschaften mit anderen Weltregionen für notwendig.
Hoffnung: Trump wird vorerst nur schlagzeilenträchtige Zölle verhängen
Ökonomen rechnen damit, dass Trump im nächsten Jahr zunächst nur selektive, schlagzeilenträchtige Zölle verhängen und weitere Maßnahmen androhen könnte. „Für sich genommen könnte eine solche Eskalation der Handelsspannungen dazu führen, dass wir unsere Wachstumsprognose für 2025 für Deutschland (derzeit 0,5 Prozent) um etwa 0,2 Prozentpunkte und unsere Prognosen für andere europäische Länder um etwa 0,1 Prozentpunkte senken“, teilten die Volkswirte der Berenberg-Bank mit. Würden die USA tatsächlich einen Zoll von zehn Prozent auf alle Importe aus Europa erheben, könnte der Schaden demnach noch größer ausfallen.
Hoffnung auf weitere Partnerschaft
Auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, erklärte: „Die Zölle verteuern nicht nur deutsche Waren in den USA, sondern dürften auch zu Gegenzöllen der EU führen, was den Außenhandel weiter belasten würde.“ Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau warb: „Unsere Unternehmen bieten die erforderlichen Produkte an, um die von Donald Trump angestrebte Re-Industrialisierung der USA umzusetzen. Der Gesamtausblick des VDMA auf den amerikanischen Markt bleibt daher positiv.“

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„Ein amerikanischer Präsident kann und darf nie nur und ausschließlich „America first“ sein“, stellte der BGA fest. Die USA seien Deutschlands wichtigster Handelspartner und wichtigster Verbündeter in einer Zeit globaler Umbrüche. „Wir setzen auf eine Fortsetzung der traditionell guten transatlantischen Beziehungen.“ Der Digitalverband Bitkom bemerkte: „Die USA werden auch künftig Europas wichtigster Partner sein, unser großer Bruder, der in jeder Beziehung seine schützende Hand über uns hält, sind sie aber nicht mehr.“
Ökonomen warnen vor negativen Folgen bei Trump-Sieg (Foto aktuell)
Ökonomen warnen vor Herausforderungen und negativen Folgen für Europa und Deutschland bei einer Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus. Nach Einschätzung von Holger Schmieding und Felix Schmidt, Chefvolkswirt und Leitender Volkswirt bei der Berenberg-Bank, würde das für europäische Unternehmen eine erhebliche handelspolitische und geopolitische Unsicherheit bedeuten und sich negativ auf das Wachstum auf dem Kontinent auswirken.
Die Ökonomen rechnen damit, dass Trump zunächst nur selektive, schlagzeilenträchtige Zölle verhängen und weitere Maßnahmen androhen könnte. „Für sich genommen könnte eine solche Eskalation der Handelsspannungen dazu führen, dass wir unsere Wachstumsprognose für 2025 für Deutschland (derzeit 0,5 Prozent) um etwa 0,2 Prozentpunkte und unsere Prognosen für andere europäische Länder um etwa 0,1 Prozentpunkte senken.“ Würde er tatsächlich einen Zoll von 10 Prozent auf alle Importe aus Europa erheben, könnte der Schaden demnach noch größer ausfallen.
Angedrohter Zollsatz besonders für das Exportland Deutschland schlecht
Dirk Chlench von der Landesbank Baden-Württemberg geht zwar davon, dass sich die EU „dem Vernehmen nach mit neuen Instrumenten und Verfahren“ auf Provokationen aus Washington vorbereitet hat. „Dennoch dürften sich negative Folgen für die Exporte und die Investitionen innerhalb der EU nicht vermeiden lassen. Eine anhaltende Stagnation, vielleicht sogar ein Rückfall in die Rezession, ist wahrscheinlich.“
Der Chefvolkswirt bei der VP Bank, Thomas Gitzel, hob hervor, Europa stünde bei einem Wahlsieg Trumps vor neuen Herausforderungen. „Insbesondere die für die Ukraine wichtigen Militärhilfen stehen möglicherweise auf der Kippe.“ Europa müsse nun mehr denn je seine Hausaufgaben machen und vor allem seine Wettbewerbsfähigkeit stärken. (AFP/dpa)
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