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Wirtschaft: Bankgesellschaft Berlin: Kein großzügiger Gönner

Ein amerikanischer Geschäftsmann greift nach einer schwer angeschlagenen deutschen Großbank - japanische Verhältnisse in Berlin. J.

Ein amerikanischer Geschäftsmann greift nach einer schwer angeschlagenen deutschen Großbank - japanische Verhältnisse in Berlin. J. Christopher Flowers hat sich auf Banken spezialisiert, die in Not geraten sind, überall auf der Welt. Erst im vergangenen Jahr gelang ihm als Unterhändler einer ausländischen Investorengruppe der Coup, eine japanische Großbank zu erstehen. Die Shinsei Bank ist die erste japanische Bank in ausländischer Hand. Jetzt hat Chris Flowers die Bankgesellschaft Berlin im Visier. Dass der Berliner Konzern sein Eigenkapital fast aufgebraucht hat, schreckt Flowers nicht. Er bietet an, die rund zwei Milliarden Euro zu investieren, die nötig sind, die Bank geschäftsfähig zu halten. Aus seinem Unternehmen verlautete weiter, dass JC Flowers mindestens 75 Prozent der Berliner Bankgesellschaft erstehen will.

Von Experten wird Flowers als Fachmann in Sachen notleidender Banken bezeichnet, Der 43jährige Investmentbanker war fast zwanzig Jahre bei Goldman Sachs beschäftigt und dort schon auf Bankenfusionen spezialisiert. Der Amerikaner ist aber bei weitem kein großzügiger Gönner, wie schon sein Verhalten im vergangenen Jahr beim Kauf der staatseigenen Long-Term-Credit-Bank of Japan (LCB) bewiesen hat. Ohne das Verhandlungstalent eines Flowers wäre der erste Kauf einer japanischen Bank durch eine ausländische Investorengruppe wahrscheinlich nicht zustande gekommen. Damals agierte Flowers im Auftrag der amerikanischen Unternehmens Ripplewood Holdings, das die Investorengruppe anführte, welches die LCB schließlich für 120 Milliarden Yen (etwa eine Milliarde Euro) erstand.

Die LCB war 1998 unter der Last von faulen Krediten in Höhe von drei Billionen Yen (26,7 Milliarden Euro) zusammengebrochen und vom Staat übernommen worden. Ripplewood setzte sich durch, und wurde Hauptanteilseigner der fortan programmatisch "Shinsei" - Neues Leben - genannten Bank.

Ein Mann wie Flowers würde sich kaum an das Projekt Berliner Bankgesellschaft machen, wenn er nicht mit Zugeständnissen des Landes Berlin rechnen würde. Schon bei der Übernahme der damals in staatlicher Hand befindlichen Long-Term-Credit-Bank im vergangenen Jahr hatte Flowers entscheidende Bedingungen gestellt. Darunter die Maßgabe, dass der japanische Staat in den kommenden drei Jahren Kredite zurückkaufen muss, wenn deren Wert in diesem Zeitraum um mehr als zwanzig Prozent sinkt. Im Falle der Bankgesellschaft dürfte Flowers ähnliche Vorstellungen haben.

Die japanische Regierung jedenfalls hat ein wachsames Auge auf die LCD, denn in das Institut ist bereits viel Steuergeld geflossen, ehe es von der Investorengruppe um Ripplewood übernommen wurde. Erste Reibereien zwischen der Shinsei Bank und der Regierung hatte es schon kurz nach der Übernahme gegeben. Denn bereits im Sommer des vergangenen Jahres kam es zu einer für Chris Flowers und Partner unangenehmen Enthüllung. Die japanische Regierung hatte nach einer Finanzprüfung aufgedeckt, dass die Shinsei Bank 5,7 Milliarden Yen (etwa 51 Millionen Euro) Beratungskosten an Firmen gezahlt hatte, die von Chris Flowers und Tim Collins (Gründer der Ripplewood Holdings) kontrolliert werden. Collins und Flowers sitzen pikanterweise auch im Vorstand der Shinsei-Bank. Die Investorengruppe musste insgesamt 2,1 Milliarden Yen (etwa 18,7 Millionen Euro) an die eigene Bank zurückzahlen.

Ende Juli dieses Jahres kam es dann zur ersten Machtprobe zwischen Regierung und Shinsei Bank. Die Shinsei Bank hatte das staatliche Unternehmen Deposit Insurance Corp. (DIC) zum Rückkauf von faulen Krediten in Höhe von 130 Milliarden Yen (etwa 1,1 Milliarden Euro) aufgefordert, die ihr Vorgänger, die Long-Term-Credit-Bank vergeben hatte, und sich dabei auf eben die Klausel im Kaufvertrag berufen, die den Weg frei gemacht hatte für die Übernahme des bankrotten Instituts durch die amerikanische Investorengruppe: Kredite, deren Wert im Verlauf von drei Jahren um zwanzig Prozent sinkt, muss die japanische Regierung zurückkaufen.

Doch das staatlich geführte Unternehmen DIC lehnt jede Zahlung ab. Demnächst wird vor Gericht entschieden werden, ob DIC zahlen muss oder nicht. Falls ja, müssten noch einmal Gelder der japanischen Steuerzahler fließen.

Ulrike Haak

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