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Wirtschaft: Behörden laden zum Mautprellen ein

Spediteure, die im amtlichen Auftrag fahren, bekommen Maut nicht ersetzt

Berlin - Die Wut ist groß über Lkw-Fahrer, die auf Landstraßen ausweichen, um die Autobahn-Maut zu sparen. Doch sorgen die Behörden selber dafür, dass einigen Firmen nichts anderes übrig bleibt. So können Fuhrunternehmer, die Getreide transportieren, das zur Stabilisierung der Marktpreise aufgekauft wird, Mautgebühren kaum geltend machen. Sie fühlen sich jetzt als Prügelknaben. „Man zwingt uns auf die Landstraßen, aber öffentlich werden wir von Ministern als Mautpreller beschimpft“, sagt Dieter Schuster, Geschäftsführer der Spedition Schuster aus Oelsnitz im Erzgebirge. Alle Transportangebote würden ihm grundsätzlich ohne Maut gemacht. Deshalb gehen seine Touren nach Hamburg nur noch über Landstraßen, sagt Schuster: „Vor der Maut sind wir ab Leipzig Autobahn gefahren.“

Bei der zuständigen Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) sieht man derzeit keinen Spielraum, großzügiger zu sein. Auf Anfrage hieß es, man sei an die EU-Vorgaben gebunden, dass nur die kürzeste, kostengünstigste Strecke bezahlt werde. Auch eine Sprecherin des Bundesverbraucherministeriums, dem die BLE unterstellt ist, sagte dem Tagesspiegel: „Im laufenden Interventionszeitraum ist das nicht mehr zu ändern.“

Je besser die Ernte der Bauern ausfällt, desto mehr Getreide muss in der Regel aufgekauft werden. Die entsprechenden Interventionsperioden laufen von November bis Mai. Diesmal würden schätzungsweise vier Millionen Tonnen Getreide aufgekauft, hieß es bei der BLE. Davon müssten 1,2 Millionen Tonnen zu den Zentrallagern bewegt werden. Nach Angaben aus der Transportbranche entspricht das mehr als 46000 Lkw-Touren. Allerdings kommen auch die Bahn und Binnenschiffe zum Einsatz. Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), sagte, es gebe viel Ärger in der Unternehmerschaft. Der Verband unterstütze die Forderungen, die Lkw-Maut auch auf Bundesstraßen auszudehnen: „Zum Schutz der Bürger sind wir dafür.“ Deshalb sei es empörend, dass sich ausgerechnet eine Bundesanstalt weigere, die Maut zu bezahlen.

Doch die BLE verweist auf die EU-Vorgaben. Schließlich ist die Intervention am Getreidemarkt eine Maßnahme, die in allen EU-Ländern vorgenommen wird. Außerdem seien die so genannten Interventionsanbieter – die Unternehmen, die das Getreide von den Bauern kaufen, aber dann nicht absetzen können – letztlich dafür verantwortlich, den kostengünstigsten Transport zu wählen. Die BLE gibt den Routenplaner „Map & Guide“ als Referenz vor. Anhand dessen überprüft die Behörde, welche Kosten tatsächlich zu erstatten sind. Änderungen an den Regeln seien aber für die nächste Interventionszeit, die im Herbst beginnt, möglich. Das Verbraucherministerium bestätigte, dass „eine Aktualisierung“ geplant sei. „Das wird aber nicht bedeuten, dass nur noch über die Autobahn transportiert werden wird“, sagte eine Sprecherin.

Den Kostenvorteil, der durch den Transport per Land- und Bundesstraße entsteht, werden aber auch die Behörden nicht mehr allzu lang genießen können. Zuletzt kündigte Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) an, dass die Lkw-Maut ab dem kommenden Jahr neben den Bundesautobahnen auch auf voraussichtlich zwölf Bundesstraßen gelten wird, bei denen besonders viele Lkw-Fahrer versuchen, die ansonsten fällige Maut zu sparen.

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