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Handwerkskammer-Bericht: Berliner Handwerk profitiert von guter Konjunktur

Berliner Handwerksbetriebe sehen ihre Zukunft so positiv wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Doch die Handwerkskammer weist auf zukünftige Probleme hin.

Frank-Peter Muschiol ist zufrieden. "Nach einer langen Durststrecke haben wir erfreulich viele Anfragen", sagt der Geschäftsführer des Berliner Bauunternehmens BIG.B Bau. Er beschäftigt unter anderen Maler, Maurer und Dachdecker für Sanierungen und Ausbauten. "Speziellere Arbeiten können wir erst mit zwei Monaten Vorlaufzeit ausführen", sagt Muschiol. Er sieht aber weder Anlass zu Übermut bei Baufirmen noch zu übertriebener Sorge bei den Kunden. "Wir brauchen ständig Futter", sagt Muschiol.

Wie Muschiols Unternehmen profitieren derzeit viele Handwerksbetriebe in der Region von der guten Konjunktur. Baubetriebe, Kfz-Betriebe und Handwerke für Gewerbebedarf haben durchschnittlich Aufträge für elf Wochen – mehr als je zuvor. Das hat eine Umfrage der Handwerkskammer (HWK) Berlin ergeben. "Die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen aus dem Handwerk ist weiter auf Rekordniveau", sagte Stephan Schwarz, Präsident der HWK Berlin, am Dienstag. Die Umfrage ist zwar nicht repräsentativ. Sie gibt aber Trends wieder, die Vertreter der Betriebe bestätigen.

Baubetriebe schätzen ihre Zukunft demnach besonders positiv ein. Über alle Handwerksbranchen hinweg blickten die befragten Unternehmen so optimistisch auf die kommenden sechs Monate wie seit 1991 nicht mehr. Nur Betriebe des Gesundheitsgewerbes - Optiker, Akustiker, Orthopädie- und Zahntechniker – erwarteten eine negative Geschäftsentwicklung.

Kunden müssen sich aber trotz der vollen Auftragsbücher keine Sorgen machen, meint zumindest Jürgen Wittke, der Hauptgeschäftsführer der Berliner HWK. Es gebe immer Notdienste, wenn Verbraucher schnell einen Handwerker bräuchten. Allerdings müssen Verbraucher mit steigenden Kosten rechnen. Allein im ersten Quartal sind die Preise für Baudienstleistungen nach Angaben der Bundesbank gegenüber dem Vorjahreszeitraum bundesweit um 4,2 Prozent gestiegen. Sie sind damit im Schnitt sehr viel teurer geworden als andere Güter oder Dienstleistungen.

Auch Bauunternehmer Muschiol hat seine Preise erhöht – seit 2016 um rund fünf Prozent. „Die gute Auftragslage macht uns wieder wettbewerbsfähig mit der Konkurrenz aus Osteuropa“, sagt er. Die nutze die hohe Nachfrage ebenfalls und verkaufe ihre Dienstleistungen teurer.

Handwerksbetriebe leiden an Fachkräftemangel. 46 Prozent der von der HWK Berlin befragten Betriebe haben derzeit offene Stellen. Doch nur 21 Prozent haben in diesem Jahr bereits neue Beschäftigte eingestellt. Die HWK Berlin hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, Handwerksberufe attraktiver zu machen. Eine Idee ist, eine duale Berufsausbildung mit Abitur einzuführen, die ehrgeizige Bewerber anspricht. Ab September können Schüler an der Max-Taut-Schule parallel die Oberstufe und eine handwerkliche Ausbildung absolvieren. Das hält Unentschlossenen den Weg in ein Studium offen.

Roland Lindenblatt

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