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Wirtschaft: Börse hat die Maut-Pleite schon verdaut

Die Aktien von Daimler-Chrysler und Telekom bleiben im Plus

Berlin (mot). Die Börsianer zeigten am Dienstag prompt, was sie von der Kündigung des MautVertrages halten: Sie ignorierten das Scheitern der Verhandlungen. Die meisten Analysten, Händler und Anleger hatten schon seit dem Sommer 2003 mit einer möglichen Pleite der Lkw-Maut gerechnet. „Der Imageschaden für die Toll-Collect- Träger Telekom und Daimler-Chrysler ist schon in den Kursen berücksichtigt“, sagte Telekom-Analyst Ralf Hallmann von der Bankgesellschaft Berlin. Die Aktie der Telekom stieg am Dienstag sogar kräftig um 3,7 Prozent auf 16,45 Euro. Dies allerdings nur, weil sich der vom US-Mobilfunkkonzern Cingular gewonnene Bieterstreit um den kleineren Konkurrenten AT&T Wireless (siehe Bericht Seite 20) auch positiv auf die Bewertung der Telekom-Tochter T-Mobile auswirkt, wie Analysten sagten. Auch die Daimler- Chrysler-Aktie gewann 1,6 Prozent auf 36,42 Euro. Anleger begrüßten offenbar den Umbau des Vorstands und hoffen auf solide Geschäftszahlen, die der Autokonzern am Donnerstag vorlegen wird.

Die Maut-Blamage – kein Thema an der Börse? „Der Imageschaden trifft nicht nur Daimler-Chrysler und die Telekom, sondern die gesamte deutsche Wirtschaft“, sagte Telekom-Analyst Jens Schott von der BHF-Bank. Unabhängig von der Frage, ob Toll Collect in zwei Monaten nachbessere und wie hoch der Schadenersatzanspruch des Bundes ausfallen werde, müsse sich das Betreiber-Konsortium aber auf Belastungen einstellen. Die geschätzten Kosten für die Telekom beliefen sich auf 500 Millionen Euro. Die Hälfte davon müsse das Unternehmen 2004 zurückstellen. „Das ist aber verkraftbar“, glaubt Schott. Den am Dienstag von Stolpe genannten Gesamtschaden von 6,5 Milliarden Euro bezeichnete Ralf Hallmann von der Bankgesellschaft als „Wunschdenken“. Der Bund befinde sich als Anteilseigner der Telekom im Übrigen in einer verzwickten Lage, wenn er dem Unternehmen zu hohe Lasten aufbürde: „Es macht sich nicht gut, wenn bei künftigen Anteilsverkäufen im Börsenprospekt von möglichen Schadenersatz-Risiken aus der Lkw-Maut für die Telekom die Rede ist“, gibt Hallmann zu bedenken.

Daimler-Chrysler muss sich auf direkte Prozessrisiken in Höhe von 160 Millionen Euro einstellen, wie Georg Stürzer, Auto-Analyst der Hypo-Vereinsbank ausgerechnet hat. „Das ist eine substanzielle, aber in Relation zur Konzerngröße geringe Belastung.“ Deutlich höhere Folgekosten im Falle von möglichen Schadenersatzklagen seien noch nicht kalkulierbar. „Daimler-Chrysler ist nicht Toll Collect“, sagte Fabian Kania von der Helaba Trust. „Wer würde wegen der Maut-Pleite keinen Mercedes mehr kaufen?“

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kündigte an, sie werde nach der Verantwortlichkeit der Vorstände fragen. Auf die Unternehmen kämen erhebliche Lasten zu. „Die möglichen Risiken müssen noch berücksichtigt werden“, sagte DSW-Chef Ulrich Hocker.

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